„Schwierige Mitglieder gibt es immer“

Berlin · Bernd Lucke ist das Gesicht der Alternative für Deutschland (AfD). Im Gespräch mit SZ-Korrespondent Hagen Strauß erklärt der Eurokritiker, warum seine Partei in der Wählergunst sinkt – und was es mit russischen Geldgebern auf sich hat.

Herr Lucke, zerlegt sich die AfD gerade selbst?
Lucke: Nein, überhaupt nicht. Wir haben einen großen inneren Zusammenhalt. Aber wir diskutieren im Moment darüber, wie unsere künftige Satzung und Führungsstruktur aussehen wird.

Es soll nach Ihrem Willen nur noch einen Chef geben. Warum?
Lucke: Weil ein Schiff mit einem Kapitän besser segelt als mit dreien.

Dagegen gibt es erheblichen Widerstand. Und gerade die Mitsprache war doch immer ein Markenzeichen der AfD.
Lucke: Das Markenzeichen der AfD ist die Demokratie. Und ich will ja, dass der Kapitän gewählt wird. Wobei ein Parteivorsitzender eigentlich gar nicht ein Kapitän ist, denn er kann ja nicht kommandieren. Er braucht für alles eine Mehrheit im Vorstand. Ein besseres Bild ist wohl, dass der Parteivorsitzende der Motor des Ganzen ist, der Initiativen entwickelt und die Dinge vorantreibt. Der Vorstand ist es dann, der steuert. Aber wenn mehrere Motoren in unterschiedliche Richtung arbeiten, dann gibt es Reibungsverluste.

Selbst Mitstreiter sagen, in der AfD gibt es zu viele Störer, Menschen mit wirren Ideen. Ist die AfD extremer, als sie vorgibt?
Lucke: Unmöglich, denn bei uns wird ja alles von irgendjemandem ins Internet gestellt. Schauen Sie sich das an und dann sehen Sie, dass viele Menschen zu uns kommen, die völlig unzufrieden sind mit den Altparteien. Sie sehen eine junge Partei als Chance der Erneuerung der Demokratie. Genau das wollen wir sein. Nun gibt es unter denen, die unzufrieden sind, auch Leute, denen man es nie recht machen kann. Ein Gründer der Grünen hat mir neulich gesagt, dass sei immer so: Bei einer neuen Partei fänden sich immer zehn bis 20 Prozent schwierige Mitglieder.

Distanzieren Sie sich von den Rechtsradikalen?
Lucke: Natürlich. Mindestens fünfmal täglich. Bei jedem Interview.

Die AfD ist in den Umfragen von zehn auf sechs Prozent gefallen. Wie erklären Sie den Schwund in der Zustimmung?
Lucke: Bundesweit waren wir nie bei zehn Prozent, leider. Aber wenn wir in den Umfragen etwas nachlassen, überrascht mich das nicht. Unmittelbar nach aufsehenerregenden Wahlerfolgen schneidet man immer besser ab. Jetzt ist das abgeklungen und wir führen zurzeit keinen Wahlkampf. Wir sind nur in drei Landtagen und im Europaparlament vertreten, also haben wir recht beschränkte Möglichkeiten, Aufmerksamkeit zu gewinnen. Aber warten Sie den Hamburger Wahlkampf ab. In den letzten Landtagswahlen haben wir viel besser abgeschnitten als die Meinungsforscher vorhergesagt haben.

Liegt das Stimmungstief nicht eher am internen Streit und den inhaltlichen Uneinigkeiten?
Lucke: Glaube ich nicht. In den meisten Themen sind wir völlig einig, aber darüber berichtet die Presse natürlich nicht. Nur in zwei Themenfeldern gibt es derzeit Diskussionen: Das betrifft die Ukraine-Krise und das Freihandelsabkommen mit den USA. Wir sind eine demokratische Partei. Es ist Altparteiendenke, dass alle Parteimitglieder in jeder Frage stets der gleichen Meinung sein müssen.

Sind die Sanktionen gegen Russland richtig?
Lucke: Ich habe im Europaparlament für die Androhung von Sanktionen gestimmt für den Fall, dass Russland eine Eskalation der Lage durch eine direkte Intervention betreibt. Das sehe ich bisher nicht. Allerdings ist auch die Duldung oder das Schüren des militärischen Aufstands in der Ostukraine inakzeptabel.

Was heißt das konkret?
Lucke: Die Förderung von Gewalt muss eindeutig verurteilt werden. Auch die Annexion der Krim, die klar völkerrechtswidrig war. Stattdessen sollte man friedliche Lösungen finden. Die legitimen Anliegen der russischsprachigen Bevölkerung in der Ukraine nach Autonomie oder Loslösung dürfen dabei nicht übersehen werden. Man sollte freie, faire Volksabstimmungen zulassen. Wenn es dann Mehrheiten für einen Anschluss an Russland gibt, dann müssen sich Grenzen in Europa auch verschieben dürfen.

Es heißt auch, es gebe russische Geldgeber, die Einfluss auf die AfD nehmen. Stimmt das?
Lucke: So sehr ich wünschte, dass uns jemand Geld gäbe - aus dem Ausland würden wir gewiss keines akzeptieren. Es hat aber nie Angebote gegeben. Das ist eine Zeitungsente, und nicht die erste, die über die AfD verbreitet wird.

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