Arbeitswelt 2.0 Wie das Saarland zum Jobmotor werden kann

Meinung · Der neue IHK-Präsident Hanno Dornseifer hat in ein Wespennest gestochen. Eine Job-Revolution im Saarland mit besonders flexiblen Arbeitszeit-Modellen forderte er in unserer Zeitung, um als Standort für junge Menschen, Familien und Fachkräfte attraktiver zu sein. Kaum ausgesprochen, folgten teilweise bizarre Reaktionen. So empören sich die Jusos und wittern den Versuch des Abbaus von Arbeitnehmer-Rechten. Vielleicht hätte die Jugendorganisation der SPD erst einmal in Ruhe nachdenken sollen.

Wie das Saarland zum Jobmotor werden kann
Foto: SZ/Robby Lorenz

In Wirklichkeit geht es darum, wie man künftig eine möglichst gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie gewährleistet, was in der heutigen Zeit von den meisten Arbeitnehmern die am häufigsten formulierte Forderung für die Wahl eines Arbeitgebers ist. Nur wenn das gelingt, bleibt das Saarland als Standort attraktiv und hat zudem auch die Chance, Fach- und Führungskräfte in die Region zu locken. Nur dann kann das Saarland zum Jobmotor werden. Die Alternative ist ein Ausbluten des Landes, weil junge Arbeitnehmer genau diese Vereinbarkeit dann eben in anderen Regionen finden.

Man sollte endlich mal damit aufhören so zu tun, als gäbe es nur das Saarland und keinerlei Alternative dazu. Nüchtern betrachtet sieht es an der Saar bisher mit dieser Flexibilisierung im Zeitalter der Digitalisierung düster aus.

Und hier fällt ausnahmsweise der hohe Anteil an Industriebetrieben, der sonst die Stütze der Saar-Wirtschaft darstellt, nicht positiv auf. Denn die Flexibilisierung von Arbeitszeit-Modellen lässt sich in Unternehmen mit Drei-Schicht-Betrieb nur sehr schwer umsetzen. Der Einzelne hat dort keinen Einfluss auf die Laufzeiten der Maschinen und die vorgegebenen Zeiten für Aufträge. Es muss den Arbeitgebern und den Gewerkschaften jedoch gerade in den Industrie-Unternehmen gelingen, mehr Flexibilität zu erreichen. Warum sollte ein Industrie-Arbeiter weniger Interesse verspüren, vom großen Trend der heutigen Zeit nach einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu profitieren?

Dieser Wunsch ist heute vielfach selbst in Einstellungsgesprächen schon wichtiger als die Frage des Gehaltes. Wenn es nicht gelingt, diese Flexibilität auch in Industriebetrieben herzustellen, werden diese trotz einer verlockenden Bezahlung große Probleme bekommen, künftig die benötigten Fachkräfte zu bekommen. Nicht nur die Saar-Industrie wäre dann in ihrer Konkurrenzfähigkeit bedroht, sondern das Saarland insgesamt.

Die Flexibilität der Arbeitszeit-Modelle muss in allen Branchen kommen und jede muss das für sie geeignete Modell entwickeln. Flexibilität ist auch keine Einbahnstraße. Zu ihr gehört, dass im Gegenzug für längere Arbeit zu Spitzen-Auftragszeiten ein Mitarbeiter zwischendurch auch mal sein Kind abholen, etwas Dringendes erledigen oder auch mehr von zu Hause aus arbeiten kann. Für das Saarland ist die neue Arbeitswelt keine Bedrohung, sondern eine Chance. Sie zu ergreifen, setzt die Bereitschaft der Menschen voraus, daran mitzuwirken.

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