Esch, fesch: „Kufa's Urban Art“ blüht

Esch · 20 internationale Künstler, zehn Städte, vier Länder: Zum vierten Mal steigt das große Kunstprojekt „Kufa's Urban Art“. Zentrum und Organisator ist die Kulturfabrik in Esch.

Knapp einhundert Kilometer liegen das saarländische Völklingen und das südluxemburgische Esch auseinander. Die beiden Städte haben einiges gemeinsam: Sie sind ehemalige Hüttenarbeiterstädte von vergleichbarer Größe. Und beide sind in den kommenden Monaten ein Mekka für urbane Kunst und laden sich dafür Künstler aus aller Welt ein, mit einem besonderen Augenmerk auf Lateinamerika.

"Kufa‘s Urban Art" nennt sich das jährliche Großevent, das morgen im Escher Kulturzentrum Kulturfabrik, einem ehemaligen Schlachthof, zum vierten Mal an den Start geht. Doch es ist weder eine Ausstellung noch ein Festival. In Esch verfolgt man ein ganz anderes und - nach eigenen Aussagen - weltweit einmaliges Konzept. Neben Interventionen von Künstlern, die im öffentlichen Raum Kunstwerke gestalten werden, leistet Kufa‘s Urban Art auch ein großes pädagogisches Programm: 27 Workshops mit Jugendlichen und Schulklassen werden Künstler leiten. Dazu gibt es Konferenzen, Filmvorführungen und Seminare. Was dem Kufa-Projekt laut seinem Leiter Fred Entringer jedoch erst sein Alleinstellungsmerkmal verleiht: Es geht mit seinem Programm über die Grenzen. Zehn Städte in vier Ländern sind diesmal dabei, vier in Luxemburg, vier in Lothringen, das belgische Libramont und das rheinland-pfälzische Trier.

Das Budget der Kufa erscheint dafür mit 280 000 Euro, die ohne Sponsorenbeteiligung allein aus öffentlichen Mitteln aufgebracht werden, erstaunlich gering. Es funktioniert, weil die dezentralen Projekte jeweils lokal finanziert werden. Angefangen habe man 2014 ganz klein und ohne größere Ambitionen, erzählt Fred Entringer. "Wir wollten nur der Kulturfabrik einen neuen, frischen Look geben und haben dafür Luxemburger Graffiteure eingeladen."

Im Grunde aber errichtete das Kufa-Team schon damals die Pfeiler des heutigen Konzepts. Um dem Projekt eine pädagogische Dimension zu geben, sagt Entringer, brachte man die Künstler in Workshops mit Schülern zusammen. Um die Sinnfrage, "Warum machen wir das überhaupt?" zu reflektierten, organisierte man eine Konferenz. Und zum Abschluss gab es ein großes Fest. Da die erste "Kufa‘s Urban Art" ein Erfolg war, machte man weiter und erweiterte jedes Jahr die Dimensionen. "2015 wollten wir, dass die Künstler in der ganzen Stadt Werke gestalten", erklärt Entringer.

Um die Öffentlichkeit für die Idee zu gewinnen, nahm man Politiker und Medienleute mit zu einer Rundfahrt in einem Bus. Auch jenseits der Grenze fing man da für das Kufa-Projekt Feuer. Das lothringische Villerupt ließ sich einen Kiosk seines italienischen Filmfestivals verschönern, 2016 waren schon sechs andere Städte dabei. Entringer: "Sie kamen alle von sich aus auf uns zu."

In diesem Jahr werden 20 Künstler in den zehn teilnehmenden Städten neue Arbeiten im Außenraum schaffen. Dass neben Street-Artisten aus europäischen Ländern wie Polen, Spanien, Italien, Frankreich ebenso wie in Völklingen besonders Lateinamerika im Fokus steht, nennt Entringer einen Zufall. Kein Zufall aber ist, dass Frauen fast die Hälfte der Eingeladenen ausmachen. "Wir hatten gemerkt, dass unser Projekt sehr maskulin war, deshalb haben wir bewusst Künstlerinnen ausgesucht", erklärt Entringer.

13 Urban-Art-Projekte, die Mehrzahl des Events, werden Künstler in Esch realisieren. Zusammen mit Architekten und Stadtplanern sucht die Kufa vorab geeignete Orte aus. Nicht nur an Wänden und nicht nur an alten Gemäuern werden die Künstler aktiv. "Einer wird zum Beispiel einen Wald auf dem Dach der neuen Escher Jugendherberge anlegen", sagt Entringer. Urban Art ja sei nicht nur Graffiti, betont er. 70 Prozent der Workshops etwa widmeten sich anderen Ausdrucksformen. Das reiche von Video- und Sculpture Mapping über Digital Graffiti, Bemalen von Alltagsgegenständen, Performance, Hiphop-Tanz, Rap bis hin zu Scratching.

Beim großen Mitmach-Abschlussfest am 1. Juni, bei dem sich Street-Art-Projekte in all ihrer Vielfalt vorstellen, wird sogar ein Skatepark aufgebaut. Neben all diesen Aktionen will man in Esch aber auch weiterhin das Nachdenken über die Kunst fördern. Fünf Konferenzen erörtern diesmal die sozialen, pädagogischen, wirtschaftlichen und touristischen Auswirkungen von Urban-Art-Projekten. Da sind dann erstmals auch zwei Saarländer mit auf dem Podium dabei: der Künstler Reso und Uschi Macher, beim saarländischen Kulturministerium verantwortlich für "internationale, europäische und grenzüberschreitende kulturelle Zusammenarbeit". Entringer ergänzt: "Mit dem Kulturministerium in Saarbrücken haben wir dieses Jahr Kontakt aufgenommen und wollen gemeinsam einen Interreg-Antrag bei der EU stellen." Ab 2018 sei dann voraussichtlich auch Saarbrücken bei Kufa‘s Urban Art mit im Boot.

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