Geißler geißelt auf der Leipziger Buchmesse

Leipzig · Die Leipziger Buchmesse hat auch in diesem Jahr regen Zulauf. Bis zur Halbzeit am Freitagnachmittag wurden rund 80 000 Besucher gezählt, wie die Veranstalter mitteilten. Im Vorjahr seien es zum gleichen Zeitpunkt etwa 5000 weniger gewesen. Noch bis Sonntag präsentieren sich rund 2500 Aussteller.

Auch am Freitag gab es Lesungen, Debatten und Preisverleihungen. Beim Lesefest "Leipzig liest!" rief der ehemalige Bundesminister Heiner Geißler (CDU) die Kirchen zu mehr Einmischung in die ethischen Debatten auf. Der 87-Jährige betonte, auch bei der Bekämpfung von Fluchtursachen sehe er die Kirchen in der Pflicht. Die Welt werde von kapitalistischen Werten beherrscht. Durch ihren Rohstoffhunger zerstörten Industrie- und Schwellenländer die Existenzgrundlage der Menschen in Afrika. Vor allem Europa müsse sich für eine soziale und ökologische Marktwirtschaft auf der Welt einsetzen. "Aber dafür brauchen wir die geistigen Mächte auf dieser Erde. Und dazu brauchen wir die Kirchen", sagte er.

Mehrere Preise wurden verliehen: Der diesjährige Kurt-Wolff-Preis ging an den Frankfurter Verlag Schöffling & Co. Er erhielt die mit 26 000 Euro dotierte Auszeichnung für sein "untrügliches Gespür und seine Neugierde auf neue Themen und Autoren", wie die Jury begründete. Der mit 5000 Euro dotierte Förderpreis ging an den Berliner Guggolz Verlag.

Unter dem Motto Neuland 2.0 öffnete am Freitag ein "Startup-Village", das Innovationen für den Buch- und Medienmarkt vorstellt. Mit Booktype gibt es ein Softwareprogramm, das den gesamten redaktionellen Prozess der Buchherstellung abbildet. Die Talentplattform MyPoolitzer hilft Autoren, mit Verlagen in Kontakt zu kommen. Und das Lesemedium aBook spielt synchron zur Blickposition des Lesers Geräusche und Klänge zu einem Text ein. "Die Frage, wie sie mit neuen Präsentationsformen neue Leser gewinnen können, treibt die Verlage sehr um", sagt Neuland-Projektmanagerin Nora Furchner.

Ebenfalls am Freitag wurde der Trendbericht zum Kinder- und Jugendbuch vorgestellt: Er verzeichnet die steigende Bedeutung von Themen wie Alleinerziehende, Patchwork- und Regenbogenfamilien. Neben Fantasy gehörten diese veränderten Lebensrealitäten zu den großen aktuellen Themen in den Büchern für junge Leser, sagte die Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen (avj). Etwa ein Sechstel des Umsatzes wird nach Angaben des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels mit Kinder- und Jugendliteratur gemacht. Er stieg 2016 im Vergleich zum Vorjahr um neun Prozent.

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