Ohne Trendhechelei

Saarbrücken · Auf seinem neuen Album bewegt sich José James zwischen Jazz, Soul und Electronica.

Schwer ist es, dem schmeichelnden Bariton des 39-jährigen New Yorkers José James nicht zu verfallen. Ohrwürmer reiht er wie Perlen auf, delikat instrumentiert. Nicht nur im puren Jazzidiom. Den Soul der 70er kombiniert er mit HipHop, Scat, R & B, sanften Electronics, Hendrix-Anleihen, knackigen Bläsersätzen, perlendem Piano oder markanten Basslinien, über die sich seine umgarnende Stimme legt. Eingängig und smooth ergibt das einen Neo Soul, der alles andere als Dutzendware ist.

Seit José James 2013 beim legendären Jazzlabel Blue Note angekommen ist, findet er für seine geschmeidigen Grenzgänge auch immer wieder ideale Partner: die Pianisten Robert Glasper und Jason Moran oder Schlagzeuger Eric Harland oder Sängerin Hindi Zahra. Viele seiner Songs sind stimmige Updates von Ray Charles, Lou Rawls oder Marvin Gaye, die in die Clubs heutiger Metropolen transportiert werden. Das springt eingängig und zeitgemäß ab von Traditionen und formuliert eine neue Beseeltheit, für die es einen Sänger braucht, der dieses Mehr hat, um das alles vor dem Beliebigen oder dem Absturz in den Kommerz zu bewahren. José James kann sein Ausgangsmaterial plausibel mit Exklusivität aufladen, ganz dem Credo großer Jazzsänger entsprechend, demzufolge es nicht der Song, sondern der Sänger ist, der das Programm adelt. Das macht ihn zu einem der spannendsten Vokalisten des aktuellen Jazz. Vollständig neben Trendhechelei und Hypes hat er sich positioniert.

Sein neues Album "Love In A Time Of Madness" nennt er "das Ende meiner Jazzkarriere. Ganz und gar." Man sollte die Absolutheit dieses Abschieds nicht zu ernst nehmen. James' Alben waren nie der reinen Lehre verpflichtet. Wenn er nun diese Sprünge aus der Schublade offensiv vermarktet, ist das wohl dem Schielen nach Popularität geschuldet. Das neue Album ist eine Melange aus Rhythm 'n' Blues, Electronica, Pop, Funk und Soul. Mal umschmeichelt die Stimme die Seele, dass man nicht genug davon kriegen kann, dann wieder nehmen die Ereignisse Fahrt auf und zielen auf Dancefloor. Tatsächlich hat das viel zu tun mit Kanye West, A Tribe Called Quest oder Prince, der wie James aus Minneapolis stammte und einen Sound prägte, an den der nun andockt. Er macht es entwaffnend gut.

José James: Love In A Time Of Madness (Blue Note).

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