Wenn Kaufen zur Kunst wird

Oberhausen · Eine große Themen-Schau in der Ludwig-Galerie in Oberhausen thematisiert Kunst und Kaufen. Zu sehen sind Werke von Albrecht Dürer über Andy Warhol bis Gerhard Richter.

 Eine üppige Schaufensterauslage mit Schuhen, Taschen und Strumpfhosen brachte Don Eddy sehr realistisch auf die Leinwand. Foto: Anne Gold/Ludwig-Galerie

Eine üppige Schaufensterauslage mit Schuhen, Taschen und Strumpfhosen brachte Don Eddy sehr realistisch auf die Leinwand. Foto: Anne Gold/Ludwig-Galerie

Foto: Anne Gold/Ludwig-Galerie

Der Ort ist gut gewählt: In unmittelbarer Nähe zu Europas größtem Shopping- und Freizeitzentrum, dem "Centro" in Oberhausen im Ruhrpott, widmet sich derzeit ein ambitioniertes Ausstellungsprojekt dem Thema Kunst und Kaufen. "Let's buy it!" heißt es nun nicht nur in dieser "Mall" nach amerikanischem Vorbild, sondern auch in der Ludwig-Galerie im Schloss Oberhausen. Zur Begrüßung glitzert einem "Buy Now" entgegen. Katharina Arndt hat den Slogan mit falschen Diamanten auf Acrylglas geschrieben. "Konsum-Exhibitionistin" Sylvie Fleury gruppiert Einkaufstüten von Nobelmarken und Don Eddy hat eine knallbunte Schaufensterauslage auf die Leinwand gebracht, während Wolf Vostell eine B-52 Lippenstifte abwerfen lässt. Kunst als Beschäftigung mit dem Konsum. Die darf auch durchaus mal kritisch ausfallen.

Aber die 300 Werke aufbietende Ausstellung will mehr und bietet zur Einstimmung auch Dürers "Anbetung der Könige" und ein Früchtestillleben aus dem 17. Jahrhundert auf. "Let's buy it!" erinnert an einen alten Kaufhof-Slogan: Bietet tausendfach alles unter einem Dach. Vom Kupferstich bis zum Video, von der Ölmalerei bis zur Performance passt alles in die Auslage. Mit Kunstwerken vom Mittelalter bis zu ganz aktuellen Beiträgen soll die Breite des Themas angerissen werden. "Im Kopf muss es dann weitergedacht werden", fordert Kuratorin Christine Vogt.

Permanente Perspektivverschiebungen machen das jedoch nicht ganz so einfach. Im Themenraum "Kunst und Geld" geht es sowohl um das Verhältnis der Künstler zum Geld als auch um Kunst mit Geld. Neben einer Darstellung des Verrats des Judas (von 1380) findet man dort Philipp Valentas zu Kissen umfunktionierte Bundesbank-Geldsäcke. Danach begegnet man "Menschen im Warenhaus" etwa im bildjournalistischen Foto-Zyklus von Rudolf Holtappel oder sieht sie vor einem gläsernen "Apple Store" (Gudrun Kemsa). Sie treffen sich im Ruhrgebiet am Büdchen (Brigitte Kraemer) odersie warten im alten Berlin vor einem Lebensmittelgeschäft (Heinrich Zille).

Zurück zum allgegenwärtigen Albrecht Dürer. Der Nürnberger wird in Oberhausen als erster Kunstunternehmer ins Feld geführt. Da ist das Motiv dann nebensächlich. Es geht nämlich vor allem um die Kunst als Ware und den Kunstmarkt, der keine neue Erfindung darstellt. Um das zu zeigen, wurde ein "bunter Reigen" aufgeboten, wie es die Kuratorin nennt. Man sieht etwa die kess in die Kamera von Herlinde Koelbl blickende Louise Bourgeois (mit Cola-Büchse) und staunt weniger über die erwartbaren Pop-Artisten wie Andy Warhol, als über Werke von Picasso und Barlach, die ebenfalls im zentralen Kapitel "Kunst und Markt" gezeigt werden, um . . . Ja, warum eigentlich?

Die Position, die die Ausstellung ihrem Thema entgegenbringt, ist von größerer Unschärfe als Gerhard Richters Gemälde, das "Mutter und Tochter" (Brigitte Bardot) beim Bummeln zeigt. Dass es heute deutlich mehr erlösen würde, als es seinerzeit gekostet hat, ist kein wirklicher Erkenntnisgewinn. "Dass der Kunstmarkt aus den Fugen geraten ist", wie Christine Vogt meint, ist eine von vielen geteilte Einschätzung. Eine explizit kritische Position bleibt "Let's buy it!" indes schuldig.

Ironische Brechungen gehören zu den kurzweiligen Momenten - etwa Laas Abendroths Schriftzug "Geld auf Leinwand" neben dem Richter-Bild oder Heiner Meyers "Botox Boxes" im Stile der Brillo-Kartons von Warhol. Aber was hat die Skulptur des Heiligen Sebastian in der Abteilung "Sex sells" neben Pop-Art von Mel Ramos verloren? Das sei ganz im Sinne von Irene und Peter Ludwig, die forderten, dass Kunst in einen Dialog treten solle - auch alte und zeitgenössische. Schade, dass das Stifterpaar nichts mehr dazu sagen kann. Das Resümee: Gut gedacht, schlecht gemacht. Was leider kein überzeugendes Verkaufsargument ist.

 Gerhard Richters „Mutter & Tochter“ (1965). Foto: G. Richter/Ludwig-Galerie

Gerhard Richters „Mutter & Tochter“ (1965). Foto: G. Richter/Ludwig-Galerie

Foto: G. Richter/Ludwig-Galerie

"Let's buy it!" läuft in der Ludwig-Galerie im Schloss Oberhausen bis 14. Mai. Geöffnet Di-So: 11-18 Uhr.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort