Pergamonaltar bleibt lange eingemottet

Berlin · Berühmtes antikes Kunstwerk wird bis 2023 nicht zu sehen sein. Die Sanierung der Berliner Museumsinsel wird teurer.

 Diese Besucher waren am 28. September 2014 unter den vorerst letzten, die den Pergamonaltar besichtigen konnten. Seitdem ist er eingelagert. Foto: Maurizio Gambarini/dpa

Diese Besucher waren am 28. September 2014 unter den vorerst letzten, die den Pergamonaltar besichtigen konnten. Seitdem ist er eingelagert. Foto: Maurizio Gambarini/dpa

Foto: Maurizio Gambarini/dpa

Bauen, sanieren, sachkundig wiederherstellen - Berliner können das nicht. Bei allem, was größer ist, Flughafen, Staatsoper oder ein Top-Museum mit gewaltigem Publikumszuspruch - sie kriegen es nicht zustande. Der Laie versteht es nicht, aber auch Fachleute verzweifeln. Wie die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters (CDU), die jüngst erklärte, sie habe in punkto Pergamonmuseum das Vertrauen in die Berliner Baubehörde verloren.

36 Meter breit, 34 Meter tief und mehr als 2100 Jahre alt ist der Pergamonaltar auf der Berliner Museumsinsel. Er ist so bedeutsam, dass das Haus, in dem er sich befindet, seinen Namen trägt, eines der beliebtesten musealen Horte Deutschlands. Tausende Schulklassen wurden dorthin gebracht, Touristenbusse parkten Tag um Tag zu Dutzenden in der Nähe des Museumseingangs. Die Besucher durften auf der 20 Meter breiten Freitreppe sitzen, die Friese und die Säulentempel aus nächster Nähe begutachten. Das Museum, erbaut von 1901 bis 1909, 1930 noch mal totalerneuert, wurde hauptsächlich wegen der Kultstätte errichtet. Jedes Jahr kamen mehr als eine Million Besucher.

Der Pergamonaltar ist verschwunden, komplett eingepackt, der Saal verschlossen. Offiziell bis 2019, aber Insider sagen: bis 2023 mindestens. Das gesamte Museum ist ein Sanierungsfall und wird vermutlich bis 2030 in Teilen umgebaut. Ein Sprecher von Monika Grütters nennt das "eine mittelschwere Katastrophe". Kein Exponat auf der an großartigen Exponaten reichen Museumsinsel ist so wichtig wie dieses Glanzstück. Jahrelang erklärten Behörden, die Sanierung am und um den Pergamonaltar verlaufe nach Plan. Dann stellte sich heraus, dass das Bauamt wesentliche Voruntersuchungen nicht korrekt absolvierte. Nun ist der Jammer groß, hauptsächlich wegen der Finanzen. Das Pergamonmuseum sollte für 350 Millionen Euro grundsaniert werden, inzwischen kursiert die Zahl 600 Millionen und das dürfte noch nicht das Ende der Fahnenstange sein.

Der monumentale Pergamonaltar wurde in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts v.Chr. auf dem Burgberg der kleinasiatischen Stadt Pergamon - an der Westküste der heutigen Türkei - errichtet. König Eumenes II. gab das in Auftrag. Das Hochrelief stellt den Kampf der Giganten dar, den griechischen Göttern wird gehuldigt, ihre Mythen werden in Bildgeschichten erzählt. 1886 hatte der deutsche Ingenieur Carl Humann nach zehn Jahren offizieller Ausgrabungen das Fundament des Altars freigelegt und die Altarfriese zusammengeklaubt. Die türkische Regierung genehmigte die Ausfuhr von Tausenden Fragmenten nach Berlin, dort wurden sie von italienischen Restauratoren im neuen Museumsbau zusammengesetzt. Der überaus kostbare Antikenbau, sogar in der Bibel erwähnt (Offenbarung 2.12-13), ist seither die Attraktion der hauptstädtischen Antikensammlung.

In Ost-Berlin war das Pergamonmuseum ein Museumsmagnet, aber das DDR-Kulturministerium hatte wenig Geld. Nach dem Mauerfall wurde der Pergamonaltar von 1994 bis 2004 aufwendig restauriert, es war aber klar, dass das Gebäude um ihn herum, auch noch saniert werden müsste. Das geschieht nun bei laufendem Museumsbetrieb.

Trotz des Wissens um den schlammigen Baugrund, in Archivpapieren vermerkt, wurde wieder geschludert. Wo waren die Beamten des zuständigen Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung? Jetzt wurde festgestellt, dass eine massive Stützkonstruktion vonnöten sein wird, ein gewaltiges Betongewölbe, das die 50 Meter breite Schlammschlucht überbrücken muss. Die Unwägbarkeiten waren bekannt, wurden aber nicht ernstgenommen. Experten hatten gewarnt und erklärt, eine halbe Milliarde Euro wäre nötig, das Projekt zu stemmen. Die Berliner haben jetzt eine staatliche Bauverwaltung aus Baden-Württemberg angeheuert.

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Pergamonmuseum teilweise zugänglich Das Pergamonmuseum in Berlin beherbergt die Antikensammlung, das Vorderasiatische Museum und das Museum für Islamische Kunst. Viele Räume sind während der Sanierung zugänglich, zu sehen sind zum Beispiel das berühmte Ischtar-Tor mit der Prozessionsstraße von Babylon und das Markttor von Milet.

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