Monsieur Hulot macht froh

Saarbrücken · Das Saarbrücker Kino Achteinhalb zeigt das Gesamtwerk des Regisseurs Jacques Tati.

 Pfeife, Hut und Schwierigkeiten mit der modernen Welt: Jacques Tati erschuf die Kunstfigur Monsieur Hulot, die er in fast all seinen Filmen spielte – hier 1953 in „Die Ferien des Monsieur Hulot“. Foto: Les Films de Mon Oncle

Pfeife, Hut und Schwierigkeiten mit der modernen Welt: Jacques Tati erschuf die Kunstfigur Monsieur Hulot, die er in fast all seinen Filmen spielte – hier 1953 in „Die Ferien des Monsieur Hulot“. Foto: Les Films de Mon Oncle

Foto: Les Films de Mon Oncle

Jetzt kann er es ja zugeben: Als Nils Daniel Peiler Jacques Tatis "Playtime" zum ersten Mal sah, ist er sanft eingeschlummert. "Ich habe erstmal keinen Zugang gefunden", sagt Peiler. Damals war er Student in Saarbrücken, heute ist er Filmwissenschaftler und mittlerweile ein großer Anhänger des Franzosen (1907-1982) und dessen "zeitloser, filmisch visionärer Komik". Tati blickte in Filmen wie "Die Ferien des Monsieur Hulot", "Mein Onkel" und "Trafic" humoristisch und kritisch auf die Welt (vor allem die französische), auf ihre Kuriositäten und Macken. Der damals dösende Peiler entdeckt heute "in diesen Zeitdokumenten der französischen Gesellschaft" ständig Neues, "in jeder Einstellung gibt es kleine Raffinessen", wenn Tati sich filmisch elegant über grenzenlose Fortschritts- und Technikgläubigkeit mokiert oder über seelenlose Architektur.

Peiler zeigt ab Donnerstag nächster Woche im Saarbrücker Kino Achteinhalb das Gesamtwerk Tatis. Das Kuratieren war für ihn eine Frage des "Jetzt oder nie": Die Rechtelage eines filmischen Gesamtwerks ist oft zersplittert, erfordert viel Recherche und Verhandlungsarbeit. "Aber hier war die Lage luxuriös", sagt Peiler. Die Rechte aller Filme Tatis (abgesehen vom posthumen Trickfilm "Der Illusionist" nach einem Tati-Drehbuch) liegen zurzeit beim französischen Verleih Studiocanal. "Aus Kurator-Sicht ein Geschenk", sagt Peiler, der einen "passablen Preis" ausgehandelt hat. "In einem Jahr könnte die Rechtelage ganz anders sein."

Vor den Filmen gibt Peiler eine dreiviertelstündige Einführung, mit Filmausschnitten, Fotos und Querverweisen: Man könne etwa sehen, "was ein Film wie ‚Mr. Bean macht Ferien' alles bei Tati geklaut hat". Die Reihe zeigt auch die selten zu sehenden Kurzfilme Tatis, die oft einen Bezug zum Hauptfilm haben: "Schule der Briefträger" etwa, in dem er 1946, drei Jahre vor "Schützenfest", einige Ideen durchspielte. Oder "Abendschule", den Tati 1967 in den Kulissen von "Playtime" gedreht hat. Eine "rare Archivperle" nennt Peiler "Spezialität des Hauses", ein Kurzfilm von Tatis Tochter, den sie 1976 im selben Städtchen drehte, in der "Schützenfest" entstand: Sainte-Sévère-sur-Indre.

Mit sechs Spiel- und sieben Kurzfilmen wirkt das Lebenswerk Tatis schmal - was aber täuscht, wie Peiler erklärt. "Er hat immer wieder an Filmen gearbeitet, oft Jahre nach ihrer Premiere." Was ist dann die definitive Version? Peiler zeigt die jeweils jüngste Version, "die für Tati letztgültige Fassung" - von "Die Ferien des Monsieur Hulot" (1953) etwa die Fassung von 1978, von "Schützenfest", Premiere 1949, die Fassung von 1964.

Es ist nicht Peilers erste Retrospektive im Achteinhalb. An die These "Das Thema Werkschau im Kino ist tot" glaubt er nicht und hat einige beachtete und gut besuchte Reihen kuratiert: über den US-Regisseur Wes Anderson ("Grand Budapest Hotel") etwa oder über Louis de Funès. Billige oder einfache Unternehmungen sind das nicht, für "Playtime" etwa musste Peiler deutsche Untertitel erstellen; überrascht ist er darüber, dass "es diesmal wirklich schwer war", Unterstützer abseits der traditionellen Begleiter wie der Uni Saarbrücken oder der Volkshochschule Regionalverband Saarbrücken zu finden. "Die Bereitschaft zur Förderung ist allgemein rückläufig." Dass dies Peilers vorerst letzte Reihe ist, liegt an seiner anstehenden Doktorarbeit, aber eben auch am schwierigen Finanzieren. "Wenn man wegen 50 Euro Zuschuss endlos telefonieren muss, fragt man sich schon, ob die Rahmenbedingungen noch stimmen."

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 Der Saarbrücker Filmwissenschaftler Nils Daniel Peiler. Foto: Oliver Dietze

Der Saarbrücker Filmwissenschaftler Nils Daniel Peiler. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

9. März: "Tatis Schützenfest" und Kurzfilm "Die Schule der Briefträger". 10.3.: "Die Ferien des Monsieur Hulot" und "Raufbold gesucht". 11.3.: "Mein Onkel" und "Halte Deine Linke hoch". 12.3.: "Playtime" und "Abendschule". 13.3.: "Trafic" und "Fröhlicher Sonntag". 14.3.: "Parade" und "Spezialität des Hauses". 15.3.: "Der Illusionist" und "Forza Bastia 78". Einführung jeweils um 19 Uhr, Filme (Original mit Untertiteln) ab 20 Uhr.

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