Ein Glücksfall fürwahr, aber ausbaufähig

Saarlouis · Nach einem zehnjährigen Vorlauf wird in Saarlouis nächste Woche endlich das Forschungszentrum für Künstler-Nachlässe eröffnet. Am Ziel ist Leiter Jo Enzweiler damit nicht.

 Saarlouis' Oberbürgermeister Roland Henz (li.) und Institutsleiter Jo Enzweiler im Studiensaal des Forschungszentrums, der derzeit noch bestückt und fertiggestellt wird für die feierliche Eröffnung am 5. März. Foto: Ruppenthal

Saarlouis' Oberbürgermeister Roland Henz (li.) und Institutsleiter Jo Enzweiler im Studiensaal des Forschungszentrums, der derzeit noch bestückt und fertiggestellt wird für die feierliche Eröffnung am 5. März. Foto: Ruppenthal

Foto: Ruppenthal

Selbst Glückstage können manchmal noch Anlass zur Klage geben. Sofern in der feierlich angerichteten Suppe das Haar wie ein Krönchen obenauf schwimmt, braucht man es gar nicht erst zu suchen. Das Forschungszentrum für Künstlernachlässe im Saarland ist solch ein Fall. Wenn es Ende nächster Woche in Saarlouis nach jahrelangem, unermüdlichen Insistieren nun tatsächlich feierlich eröffnet wird, so kann man dies gar nicht anders denn einen saarländischen Glücksfall nennen. Umso mehr, weil es angedockt sein wird an Jo Enzweilers Institut für aktuelle Kunst, dessen wertschöpfende, bildkünstlerische Gedächtnisarbeit für dieses Bundesland seit der Institutsgründung 1993 dank zahlloser exzellenter Publikationen, Lexika und Gutachten über jeden Zweifel erhaben ist.

Der ebenso lichte wie schicke 400 Quadratmeter große Erweiterungsbau direkt hinter dem einstigen Pulvermagazin der Festungsstadt Saarlouis ist zwar noch nicht ganz bezugsfertig. Soll es aber binnen Wochenfrist sein, wenn der Kulturminister ihm seinen Segen geben wird. Schon jetzt aber sieht man vor Ort: Das Forschungszentrum mit Depot, Schauraum, Studiensaal und Artothek wird nicht nur ein Gewinn für Saarlouis sein, sondern einer fürs ganze Saarland. Nicht allein, weil dort künftig künstlerische (Teil-)Nachlässe gesichert, erforscht und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Sondern auch, weil hier im besten Sinne auch ein kleiner Ort des Rückzugs und der Sammlung entsteht, an dem sich sowohl die 17 000 Bände umfassende Institutsbibliothek nutzen als auch im angrenzenden Kunstraum kleine Ausstellungen besuchen lassen (die erste gilt Karl Kunz) sowie in der Artothek Original-Kunstwerke zu äußerst moderaten Leihgebühren ausleihen (25 Euro für Privatleute für bis zu sechs Monate; Praxen, Kanzleien etc. zahlen das Doppelte). Der Bestand umfasst bislang 400 bis 500 Werke, wird aber sukzessive um ausgewählte Kunstwerke aus dem Nachlass-Schaulager erweitert werden.

Und was gibt's da wieder zu meckern? Dem mit all diesen Saarlouiser Bereicherungen nichtsdestotrotz verbundenen großen "Aber" solch abfälligen Zungenschlag zu geben, hieße, es sich zu einfach zu machen. Muss doch daran erinnert werden, dass die Zukunft des Saarlouiser Instituts für aktuelle Kunst und seines neuen Forschungszentrums finanziell weiter auf tönernen Füßen steht. Letzteres, dessen Betrieb mit gut 110 000 Euro jährlich veranschlagt wird, ist dankenswerterweise zwar auf fünf Jahre hin gesichert (mit je 20 000 Euro vom Land, 30 000 von Saartoto, 25 000 von der ME-Saar Stiftung, 30 000 von der Gesellschaft für staatsbürgerliche Bildung, 5000 vom Landkreis Saarlouis und 7000 von der Stadt). Das Institut aber muss sich sein Überleben "Jahr für Jahr weiter zusammenbetteln", wie der Saarlouiser OB Roland Henz (SPD) sagt. Die Viertelmillion, die Enz weilers Laboratorium (ein An-Institut der Saarbrücker Kunsthochschule) pro Jahr kostet, muss seit Jahr und Tag immer aufs Neue bei vielen treuen Sponsoren und Förderern eingeworben werden.

"Ein unwürdiger Zustand", sagt Henz, qua Amt Präsident der Fördergesellschaft. Würde das Institut nicht die Hälfte seines Jahresbudgets selbst erwirtschaften (über Einnahmen aus Gutachten und von ihm durchgeführte, landesweite Wettbewerbe für Kunst im öffentlichen Raum), wäre es längst eingegangen. Und natürlich ohne Claudia Maas, die langjährige gute "Seele des Instituts". Und selbstredend ohne Enz weilers vernetztes Navigieren und Taktieren. "Der Professor hat immer gesagt: Wir machen mal, dann sehen wir", umreißt Henz Enzweilers ebenso besonnene wie beharrliche Offensiven in Richtung Politik, Verwaltung, Wirtschaft.

Enzweiler, der im April 83 wird, aber blühendes Leben versprüht, sitzt in seinem Büro neben Henz und lacht in sich hinein. Er weiß: Dicke Bretter lassen sich nur bohren, wenn man den Bohrer immer dabei hat. Doch fragt auch er sich, wie lange sein Institut finanziell noch so weiterdümpeln kann. "Es muss eine Abschlussperspektive geben, die Einrichtung muss endlich institutionalisiert werden." Was das heißt, ist klar: Enzweiler würde sein Lebenswerk am liebsten in der Stiftung Saarländischer Kulturbesitz aufgehen sehen. Tatsächlich wäre das Institut dazu gemäß Profil und Aufgaben geradezu prädestiniert. Im Übrigen: Wäre das Land dies Enzweiler, dessen Institut sich kulturgeschichtlich viele Verdienste erworben hat, nicht schuldig? Mal sehen, was die politischen Kräfteverhältnisse Ende März ergeben und damit dann die nächste Legislaturperiode.

Vorerst gilt es festzuhalten: Das neue, von Ministerpräsidentin und Kulturminister mit angeschobene Nachlasszentrum, das Enzweiler zufolge "nachhaltig arbeiten wird", markiert ein wichtiges Etappenziel. Gut wäre es, die Bürger machten sich bald selbst ein Bild davon.

Eröffnung: 5. März, 10 Uhr (Saarlouis, Choisyring 10). Vorstellung der Abteilungen des Forschungszentrums ab 13 Uhr.

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