Aus Bildern Musik entwickeln

Saarbrücken · Der Dirigent Stefan Neubert bringt die Oper „Der Liebestrank“ von Donizetti am Saar-Staatstheater zum Klingen.

 Yitian Luan singt die Adina, Carlos Moreno Pelizari ist Nemorino. Foto: Thomas M. Jauk

Yitian Luan singt die Adina, Carlos Moreno Pelizari ist Nemorino. Foto: Thomas M. Jauk

Foto: Thomas M. Jauk

Stefan Neubert steht ab Samstag am Pult für die Donizetti-Oper "Der Liebestrank" im Saarländischen Staatstheater. Der 35-Jährige ist seit 2015 zweiter Kapellmeister.

Wenn ein Dirigent in der Händel-Stadt Halle geboren wurde, dort studierte und unter anderem Cembalo und Hammerklavier gelernt hat, ist er dann nicht für Barockmusik vorgeprägt?

NEUBERT Ich würde mich nicht als "Barockspezialisten" bezeichnen. Aber die alljährlichen Händel-Festspiele haben mich tatsächlich stark geprägt. Auch in Dresden, wo ich an der Carl Maria von Weber-Hochschule studierte, hatte ich große Eindrücke, unter anderem durch einen kompletten Richard-Strauss-Zyklus. Da stand ich immer in der Oper oben im Rang in der letzten Reihe.

Nun studieren Sie hier eine Buffo-Oper ein, Donizettis "Liebestrank".

NEUBERT Die Bezeichnung "Melodramma giocoso" trifft's am besten. Eine leichte, witzige Musik mit sehr tiefgehenden Momenten, wenn auch meistens mit einem leichten Augenzwinkern.

An Ihrer Einstudierung der "Piraten von Penzance" im letzten Jahr beeindruckte mich, wie kontrastreich und humorvoll Sie dieses musikalische "Stil-Hopping" hörbar machten.

Neubert Diese Stimmungswechsel musikalisch zu "inszenieren", macht natürlich besonders Spaß. Das ist beim "Liebestrank" ähnlich.

Die Partitur des "Liebestrank" enthält viel Blechinstrumente. Wären da nicht historische Instrumente angebracht? Das Orchester hat Erfahrung damit.

Neubert Es wäre eine interessante Möglichkeit. Tatsächlich ist der "Liebestrank" eine dick instrumentierte Oper, wie man es bei Donizetti gar nicht erwarten würde.

Wie bereiten Sie sich vor? CDs, Youtube - oder nur die Partitur?

Neubert Ich höre mir viel an, vergleiche alte italienische Aufnahmen mit heutigen, studiere den Klang der Sprache. Und dann vertiefe ich mich in die Geschichte. So lernt man die ganze Bandbreite an Möglichkeiten kennen. David Greiner hat eine gute Übersetzung des italienischen Librettos geliefert. Und aus den Bildern, die da entstehen, versuche ich die Musik zu entwickeln, damit ein überzeugendes Ganzes daraus wird. Auch die Sänger in unserer Inszenierung haben ihre eigenen Klangfarben. Es ist sehr spannend, was jeder aus seiner Rolle macht, welche Nuancen er im Dialog setzt!

Donizetti war ein Schnell- und Vielschreiber. Aber für den Liebestrank' hatte er so wenig Zeit, dass er auf Skizzen für andere Projekte zurückgreifen musste. Die Musik ist also nicht genau auf die Charaktere des Librettos maßgeschneidert.

Neubert Das war zu jener Zeit nicht unüblich. Donizetti hat, wenn er andere Sänger bekam, denen sogar andere Fassungen "auf den Leib" geschrieben. Aber das hat auch schon Händel gemacht.

Regisseure können selten eine Partitur lesen; sie gehen eher vom Libretto aus. Gibt es da nicht auch Konflikte mit der Regie?

Neubert Mit Solvejg Bauer, die den "Liebestrank" inszeniert, komme ich wunderbar zurecht. Sie beschäftigt sich auch mit der Musik und entwickelt die Szenen aus der Musik heraus. So arbeiten wir gemeinsam daran, bis die musikalischen und szenischen Notwendigkeiten übereinstimmen.

Der "Liebestrank" beruht auf demselben Motiv wie Richard Wagners "Tristan". Der ist natürlich psychologisch und musikalisch viel tiefer durchdacht. Würden Sie sich mit 35 Jahren schon reif genug fühlen, diesen "gigantischen Bau", wie Verdi den "Tristan" nannte, zu dirigieren?

Neubert Das ist eine spannende Frage. (Er denkt lange nach. Dann:) Ich würde es machen! Schon weil man in so ein Stück nur dann eintaucht, wenn man es macht!

Das Gespräch führte Hans Bünte.

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 Stefan Neubert, Dirigent Foto: Zenkner/SST

Stefan Neubert, Dirigent Foto: Zenkner/SST

Foto: Zenkner/SST

Oper "Der Liebestrank” hat Samstag Premiere Der Dirigent Stefan Neubert, 1982 in Halle/Saale geboren, ist seit September 2015 zweiter Kapellmeister am Saarländischen Staatstheater. Erste Erfolge hatte er in Saarbrücken mit "Die Piraten von Penzance" (2015) und "Das schlaue Füchslein" (2016), einer Kooperation der Hochschule für Musik Saar mit dem Staatstheater. Die von ihm musikalisch geleitete Oper "Der Liebestrank" von Donizetti hat am Samstag Premiere (19.30 Uhr). Karten: Tel. (06 81) 30 92 486.

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