Von Anziehung und Abstoßung

Saarbrücken · Am Samstag hat ein zweiteiliger Ballettabend in Saarbrücken Premiere: mit einer Choreografie der Staatstheater-Tänzerin Liliana Barros und einem Stück der Münchener Choreografin Anna Konjetzky.

 Ein Probenfoto aus der Choreografie „My name is legion“ von Liliana Barros.

Ein Probenfoto aus der Choreografie „My name is legion“ von Liliana Barros.

Wer am liebsten mit dem Körper spricht, hat es manchmal schwer, die richtigen Worte für die eigene choreografische Arbeit zu finden. Und so ringen Anna Konjetzky und Liliana Barros im Gespräch erstmal um die passenden Ausdrücke für ihre abstrakt-zeitgenössischen Tanzstücke, die sie am Samstag in Saarbrücken vorstellen werden.

"My name is legion" nennt Barros ihre Choreografie, mit der sie eine Visitenkarte abgeben will für eine zukünftige Laufbahn als Choreografin. Zum Ende der Spielzeit wird der Publikumsliebling das Saarbrücker Ballett nach zehn Jahren (mit kurzer Unterbrechung) verlassen und frei arbeiten als Tänzerin. Vor allem aber möchte sie ihre choreografische Arbeit ausbauen, mit der sie in Saarbrücken bereits bei vielen "SubsTanz"-Abenden begeistern konnte. "Mein Name ist Legion, denn wir sind viele" ist ein Zitat aus dem Markusevangelium. Von Jesus gefragt, wer er sei, antwortet so der von einem Dämon besessene Mensch. Legion also ist demnach der Name eines Dämons, der in vielerlei Gestalt auftritt.

Das griechische Wort "Legion" bedeutet eine Anzahl, eine Menge - und ist bekanntlich auch ein militärischer Begriff. "Man kann also viele Assoziationen haben, bei diesem Titel", sagt Barros.

In ihrem Stück geht es um gruppendynamische Fragen: Wie bewegt und verhält sich das Individuum in und zur Gruppe? Welche Instinkte/Dämonen leiten den Menschen? Bewegt er sich sich wie ein Tier in der Herde? Wie ein Soldat in seiner Einheit? Wohin treibt es ihn, wo ist sein Platz? Was heißt Migration? "Die acht Tänzer werden viel miteinander interagieren, als Gruppe, als Menschenknäuel", sagt Barros. Eine weitere Quelle der Inspiration: Die jüngsten Bilder Daniel Richters, die Barros 2016 in dessen Frankfurter Ausstellung tief berührt hätten. In den sehr reduzierten Arbeiten liege der Fokus auf Körper und Körperlichkeit. Körperteile und Gesichtsformen sind collageartig verflochten, es geht eine enorme Spannung von den Bildern aus. "Man assoziiert unbändige Sexualität, man sieht Anziehung und Abstoßung gleichermaßen", sagt Barros. Zugleich könne man Richters abstrakte, ineinander verflochtene Körperkonturen auch als Landkarte lesen. Wo verlaufen die Grenzen? Barros setzt ihr Thema zu elektronischer Musik um.

Eine thematische Klammer gibt es für den Abend nicht. Anna Konjetzky, 2015 mit "Chipping" zu Gast beim Saar-Tanzfestival, verfolgt tänzerisch einen - wie sie sagt - völlig anderen Stil als Barros. Sie hat mit "Ground" eine Choreografie für fünf Tänzer entwickelt, die nach den Impulsen für und den Widerstand gegen Veränderung fragt und damit ein aktuelles Thema aufgreift. "Es geht um Stillstand und Veränderung. Ohne Veränderung wiederum kommt nichts in Bewegung.

" Wie bei Liliana Barros stehen Fragen des Zusammenlebens, der Interaktion, im Vordergrund, weniger das Innenleben Einzelner. Konjetzky hat sich mittlerweile national und international einen Namen gemacht, mehrere Tanzpreise gewonnen. Die Presse beurteilt ihre Arbeiten oft als Performances. Dagegen wehrt sie sich: "Das passiert, sobald jemand nicht weiß, wo er meine Stücke einordnen soll." Sie findet ihren Stil "im zeitgenössischen Tanz recht klassisch." Lassen wir uns überraschen.

 Anna Konjetzky (links) und Liliana Barros. Fotos: Bettina Stöß

Anna Konjetzky (links) und Liliana Barros. Fotos: Bettina Stöß

Foto: Fotos: Bettina Stöß

Samstag, 19.30 Uhr, Alte Feuerwache. Karten unter Tel. (06 81) 30 92 486.

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