„Ich bin eitel, aber nicht so eitel“

Saarbrücken · Der Schauspieler über die Agentenkomödie „Kundschafter des Friedens“

In der Kino-Komödie "Kundschafter des Friedens" spielt Henry Hübchen (69) einen seit Jahren pensionierten DDR-Agenten, den der BND für seinen ersten West-Auftrag engagiert.

Herr Hübchen, wieviel Geheimdienst braucht ein Land?

Hübchen Da fragen Sie einen Schauspieler? Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nur, dass es immer um Einfluss und um Macht geht und darum, wie man Machterhalt und Machtausdehnung organisiert. Dazu gehört auch geheimdienstliche Tätigkeit. Und die ist sehr vielfältig. Aber alle handeln außerhalb der Gesetze. Bestimmte Interessen lassen sich nur außerhalb der Gesetze durchsetzen - aber wann wird ein Geheimdienst zur Terrororganisation? Oder zur Partisanenarmee? Wenn alle Geheimdienste der Welt ihre Akten und Archive öffentlich machen würden, möchte ich nicht wissen, welch ein Gestank auf dieser Welt entstehen würde.

Mit welchen Gefühlen verfolgen Sie das Weltgeschehen?

Hübchen Ich bin in einem kalten Krieg groß geworden. Das hört sich dramatisch an, aber es war ganz undramatisch, ein ganz normales Leben. Trotzdem gab es immer wieder höchst prekäre Situationen, die mich aber emotional nicht erreichten. Ich war jung und blöd. Heute aber habe ich das Gefühl, dass es so viele instabile Situationen gibt, dass ich mir große Sorgen machen muss. Diese Probleme wären nur durch eine starke Weltgemeinschaft zu lösen. Und die existiert nicht. Nicht einmal Europa existiert als Zusammenhalt. Ich schaue sorgenvoll in die Zukunft, wenn man schon offiziell sagt , dass man sich besser für zehn Tage bevorraten sollte.

Als Michael Caine zum ersten Mal ein Drehbuch zugeschickt bekam, in dem er nicht mehr den Liebhaber, sondern den Vater des Liebhabers spielen sollte, empfand er das als schweren Schlag. War diese Zeit für Sie auch schwierig?

Hübchen Nein. Ich bin eitel, aber nicht so eitel. Es gibt wunderbare Väterrollen und tolle Geschichten. Aber die werden rarer im Alter. So lange das Drehbuch gut ist, habe ich mit dem Alter kein Problem. Aber in den meisten Geschichten sind die Hauptfiguren nicht die Väter oder Großväter Ab einem bestimmten Alter kann man eben nur noch den König Lear spielen. Den habe ich noch vor mir.

Sie waren ja schon in der DDR ein Star.

Hübchen In der DDR gab es keine Stars, weil keine Stars von Medien installiert wurden. Ich war durch Fernsehauftritte bekannt und vielleicht nach heutigem Verständnis ein Star. Heute ist ja jeder ein Star oder ein Promi. Es gibt A-, B-, C-, D- und sonst was für Promis. Es ist eine Promi-Industrie. Wenn ich in der DDR überhaupt jemanden als Star bezeichnet hätte, dann Manfred Krug, den das Publikum wegen seiner Filme und Platten geliebt hat.

Erinnern Sie sich daran, wann Sie zum letzten Mal einen Film nur fürs Geld spielen mussten?

Hübchen Nee. Das musste ich noch nie. Ich hatte durchweg eine Festanstellung am Theater. Das wurde zwar nicht toll bezahlt, aber man konnte gut damit auskommen. Natürlich habe ich Filme gemacht, deren Drehbuch nicht gut war, die aber gut bezahlt wurden. Der Spaß dabei war, auch daraus etwas Befriedigendes zu machen. Ich bin als Schauspieler kein Maler und arbeite nicht ganz allein. Es sind viele Leute beteiligt. Ich springe als Anhalter auf ein Projekt auf, dass bereits besteht und wenn ich abspringe, ist der Film längst nicht fertig. Insofern wird der Anteil eines Schauspielers an einem Film stark überschätzt. Manchmal bin ich auf Künstler ein wenig neidisch, die sich allein verwirklichen können. Als Schauspieler bist du Ausführender und Instrument zugleich. Das ist manchmal schwer zu ertragen.

Sie spielen in "Kundschafter des Friedens" mit bekannten Kollegen zusammen wie Michael Gwisdeck und Winfried Glatzeder - kann da ein Wettbewerb entstehen um die besten Szenen, die besten Auftritte?

Hübchen Ich habe den Beruf als Mannschaftsspiel gelernt. Eine gut geschriebene Szene trägt mich. Und so trägt mich auch ein gutes Partnerspiel - im Gegensatz zum Ellbogen-Gerammel.

Die Fragen stellte André Wesche

"Kundschafter des Friedens" läuft in der Camera Zwo in Saarbrücken.

Zum Thema:

Regisseur Andreas Dresen ("Sommer vorm Balkon") bringt James Krüss' Buch "Timm Thaler" ins Kino, mit viel Witz - zu sehen in einigen Kinos der Region. Die Camera Zwo (Sb) zeigt den oscarnominierten Film "The Salesman" von Asghar Farhadi - er erzählt vom Überfall auf eine Frau und vom Verhältnis der Geschlechter in der iranischen Gesellschaft. In der Camera läuft auch Ang Lees vielschichtiges und satirisches Militädrama "Die irre Heldentour des Billy Lynn". Das Filmhaus (Sb) zeigt die Jugendgeschichte "Sparrows" aus Island und die Dokumentation "From Business to Being" über die mögliche Flucht aus dem Hamsterrad der Arbeitswelt. Termine und Kritiken morgen in unserer Beilage treff.region.

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