Ein blaues Pferd und die Enten im Erdgeschoss

Saarbrücken · Wer arbeitet was und wie in einem Museum? Davon erzählt die Dokumentation „Das Saarlandmuseum“, die heute in Saarbrücken Premiere feiert – wir konnten den Film vorab sehen.

 Kathrin Elvers-Svamberk und Roland Mönig im Film, beim Bedenken einer Hängung. Foto: Carpe Diem

Kathrin Elvers-Svamberk und Roland Mönig im Film, beim Bedenken einer Hängung. Foto: Carpe Diem

Foto: Carpe Diem

Weiße Handschuhe, verschränkte Arme, kollektives Grübeln. "Es ist nicht so, dass es einen vor Glück umhaut", sagt Roland Mönig mit Blick auf eine Gemäldeanordnung und setzt auf einen "Plan B, den wir bisher nicht hatten". Mönig, Direktor des Saarlandmuseums, und Stellvertreterin Kathrin Elvers-Svamberk grübeln weiter. Im Untergeschoss untersuchen derweil zwei Frauen ein Dokument per Lupe; eine Restauratorin nebenan zieht zart ein Pinselchen mit klarer Flüssigkeit über ein Gemälde. Mit unkommentierten Szenen wie diesen schaut der einstündige Film "Das Saarlandmuseum" von Regisseur Marcel Wehn, produziert von Barbara Wackernagel-Jacobs, den Menschen bei der Arbeit zu. Er blickt in Räume, die dem Museumsgänger verschlossen bleiben, oder auf Dinge, die man bei Ausstellungen nie sieht: einen riesigen Aufzug etwa, der aus dem Parkett herausfährt, ein Gemälde verschluckt und wieder im Boden verschwindet, als hätte es ihn nie gegeben.

Der Film betrachtet das Geschehen aus einer gewissen, manchmal ironischen Distanz heraus; selten befragt er Menschen direkt - und wenn, dann uninteressiert an der Hierarchie. Staatstragendes von Führungskräften hört man also nicht. Sondern da berichtet etwa Ingrid Steffens, seit 17 Jahren Aufsicht im Museum, dass sie sich beim Job-Einstieg erst einmal das Kunst-Schulbuch der Tochter auslieh, um zu erfahren, was sie denn da überhaupt beaufsichtigt. Im Keller arbeitet Museumstechniker Uwe Jäger, der im Film am Telefon erst mal "Das versteht keine Sau" sagt (aber nicht die moderne Kunst meint).

Er erzählt von den Schwierigkeiten, Handwerkern von Fremdfirmen klar zu machen, wie zerbrechlich hier das Interieur ist, und vom Jahrhundertwasser 1993, das die Fensterscheiben zu Aquariumswänden machte: "Im Erdgeschoss schwammen draußen die Enten vorbei." Künstler Gregor Hildebrandt schildert, wenig nostalgisch, von seinen Kindheitsbesuchen im Saarlandmuseum: "Man dachte, das nimmt kein Ende." Eine Faustregel ließ ihn durchhalten: Je größer die Bilder, desto weniger hängen in einem Raum, "desto schneller war man wieder draußen". Jetzt ist er drin, mit eigener Kunst.

Konsequent in die Gegenwart blickt der Film, das Chaos um den Vierten Pavillon bleibt außen vor. "Jetzt sehen Sie unseren Neubau im Rohbaustudium", sagt Roland Augustin, Leiter der Fotografischen Sammlung, lediglich zu einer Besuchergruppe und erklärt, warum ein großer fensterloser Raum (der jetzt noch die Anmutung einer Fabrikhalle hat) versicherungstechnisch nützlich ist beim Leihen teurer Gemälde. Man müsse etwa keinen schädigenden Lichteinfall fürchten - "so gesehen, ein Traum".

Ein Traum ist das Museum im Film überhaupt, bei aller Arbeit, dank Schönheit und einer gewissen Ruhe; letztere kontrastiert die Regie sinnig mit dem Geraune der Stadtautobahn. In einer schönen Montage erwacht das Haus morgens: Ein Vorhang schwebt zur Seite, gibt den Blick frei auf die "Große Gaia" im Garten, drinnen fällt die Morgensonne wärmend auf Franz Marcs "Blaues Pferdchen".

Eine originelle Idee: Es gibt keinen Kommentar, keine eingeblendeten Texte, keine Erläuterung der Personen. Erst der Abspann klärt auf. Ein Konzept, das wohl von der Person weg- und auf deren Arbeit hinlenken soll; als Zuschauer stellen sich dabei Fragen. Wer etwa ist die Dame, die den Vornamen des Museums-Chefs mit französischen Akzent "Roloooooond" ausspricht? Es ist Emma Lavigne, Leiterin des Centre Pompidou in Metz, man bespricht die gemeinsame Ausstellung "Zwischen zwei Horizonten".

Die vielleicht schönste Szene dieses ruhigen, sehenswerten Films entstand bei der Eröffnung der Hildebrandt-Ausstellung: Während nebenan gefeiert wird, zeigt die Kamera einen Raum weiter einsame Gemälde, schummerig beleuchtet bloß von den Laternen an der Saar, in aller Stille, ohne Betrachter - als genügten sie sich selbst.

Uraufführung: Heute, 19 Uhr, Filmhaus (Sb). Anmeldung erbeten: Tel. (0 68 41) 10 53 91. Außerdem 8., 15. und 21. Februar, jeweils 19 Uhr. Danach läuft der Film in den Landkreisen.

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