Venedig sehen und sterben

Saarbrücken · Am Sonntag erlebt Christoph Diems Inszenierung „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ ihre Uraufführung in Saarbrückens Alter Feuerwache. Ein Blick vorab auf die literarische Vorlage und ihre nahezu legendäre Verfilmung.

 Tod an der Lagune: Julie Christie (Mitte) am Ende von Nicolas Roegs Film „Wenn die Gondeln Trauer tragen“. Foto: Studiocanal

Tod an der Lagune: Julie Christie (Mitte) am Ende von Nicolas Roegs Film „Wenn die Gondeln Trauer tragen“. Foto: Studiocanal

Foto: Studiocanal

"Wenn die Gondeln Trauer tragen" gehört zu jenen Filmen, die man nicht vergisst - ein bildgewaltiges, manchmal verstörendes Werk. Ein britisches Ehepaar (gespielt von Donald Sutherland und Julie Christie) will in Venedig den Erinnerungen an den Tod ihrer Tochter entkommen. Sie lernen ein Schwesternpaar kennen, von denen eine behauptet, Visionen zu haben: Sie habe die verstorbene Tochter am Tisch der Eltern gesehen, glücklich lachend, sagt die anscheinend übersinnliche Schwester; für die dankbare Mutter ist das ein Trost, für den Mann schamloser Hokuspokus. Als der Sohn des Paares in England einen Unfall hat, reist die Mutter sofort zurück - wenig später sieht ihr Mann sie wieder in Venedig, in Trauerkleidung. Doch sie ist, wie er erfährt, längst in England. Das Rätsel löst sich in einer bösen Pointe, die auch mit einer Mordserie in Venedig zusammen hängt, und lässt den Mann erkennen, dass es das sogenannte zweite Gesicht tatsächlich gibt - nur nutzt ihm das nichts mehr.

Nicolas Roegs Film von 1973 ist ein Werk der Extreme: Kein anderer Film hat Venedig derart atmosphärisch in Szene gesetzt, herbst- und winterlich verhangen, melancholisch, das Schicksal des Ehepaars widerspiegelnd. Und kein Film, abseits eines Pornos, hat eine derart intime Liebesszene geboten. Die literarische Vorlage ist da in jeder Hinsicht knapper gehalten - die Erzählung "Don't look now", deutsch "Dreh Dich nicht um".

Die britische Autorin Daphne Du Maurier (1907-1989) schrieb sie Anfang der 70er Jahre; kaum 60 Seiten lang ist sie, konsequent aus der Perspektive des Ehemannes erzählt und deutlich knapper als das Drehbuch. Die Liebesszene etwa, im Film minutenlang, ist im Buch denkbar diskret gehalten mit dem Satz "O wunderbare Entspannung nach all den Wochen der Enthaltsamkeit."

Du Maurier ist eine viel verfilmte Autorin - vor allem Alfred Hitchcock nutzte ihr Werk, wenn auch manchmal nur als Ausgangsidee: bei "Die Vögel" von 1963 und in den 1940er Jahren bei "Riff-Piraten" und "Rebecca".

Am Sonntag kommt die gruselige Geschichte in die Alte Feuerwache in Saarbrücken. Christoph Diem inszeniert, Holger Schröder besorgt die Dramaturgie; es wird Video-Elemente geben, gedreht in Venedig, und Musik von der Band Next Stop:Horizon. Sie war am Staatstheater schon bei "Das kalte Herz" und "Der standhafte Zinnsoldat" zu hören. Man muss gespannt sein.

Uraufführung: Sonntag, 19.30 Uhr, Alte Feuerwache (Sb).

Karten: Tel. (0681) 3092-486.

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