Leonardy wird offiziell zum „China-Man“

Saarbrücken · Nun doch, die Musikfestspiele Saar machen weiter: 2017 wird es ein Festival geben, das insbesondere China gewidmet ist, kündigt Intendant Robert Leonardy an. Zudem koordiniert er im kommenden Jahr Veranstaltungen zur Kultur Chinas in ganz Deutschland.

Eigentlich ungehörig, einen nun doch 76-Jährigen, einen honorigen Pianisten und Professor zumal, Stehaufmännchen zu nennen. Auf wen aber träfe dies mehr zu als auf Robert Leonardy? Wie oft schon wollten andere ihm diktieren, wie er sein Festival zu machen habe? Ihn drängen, die Musikfestspiele Saar Jüngeren zu überlassen. Er aber harrte aus, hielt durch. Als jedoch voriges Jahr die Landesregierung ihm, mit Kulturminister Ulrich Commerçon (SPD) am Geldhahn, den Förderfluss fast zudrehte, schien das letzte Stündlein des Festivals gekommen. Vor Ostern wollte Leonardy bereits sein Programm für 2017 präsentieren. Doch nichts geschah.

Nun aber meldet sich der Festivalpatron zurück - mit einem Paukenwirbel. Denn in den Monaten des ostentativen Schweigens nach der landespolitischen Abfuhr avancierte der Intendant des Saar-Festivals insgeheim zum Kordinator von Veranstaltungen zur Kultur Chinas 2017 in ganz Deutschland. Nicht allein Künstler aus der Volksrepublik sollen dann hierzulande auftreten, ihre Werke zeigen. Auch deutsche Orchester werden in den fantastischen Konzertdomen Chinas aufspielen. Um all das unter dem Label eines Kulturjahres zu bündeln, kündigt Leonardy nun an, wird die Geschäftsstelle der Saar-Festspiele - im Souterrain des Leonardy-Villa - nun auch noch Büro der Gesellschaft "Deutsch-chinesische Kooperation 2017". Mit aufgestocktem Personal und Leonardy als Geschäftsführer. Seine Aufgabe dann: Das Sammeln aller Kulturtermine, die 2017 in Deutschland China gelten. Und, so möglich, noch eigene Akzente draufsetzen. Da fügt es sich, dass auch die Saar-Festspiele nächstes Jahr Asien - und China im Speziellen - zum Motto haben.

Zum neuen Amt kam Leonardy wie die Jungfrau zum Kinde. In Vorbereitung seiner Festspiele "hatten wir viel mit der chinesischen Botschaft in Berlin zu tun", berichtet der nun hochoffizielle "China-Man". Der zuständige Botschafts-Attaché war wohl von den früheren Festivals und dem Planungseifer des kleinen Leonardy-Teams derart angetan, dass er anregte, der Saarbrücker Pianist solle doch 2017 gleich im größeren Rahmen agieren - und eine Art chinesisches Kulturjahr in Deutschland arrangieren. Daraufhin klopfte Leonardy beim Auswärtigen Amt in Berlin an: Auch dort, sagt er, zündete die Idee. Jetzt organisiert er also im Auftrag des Auswärtigen Amtes und der chinesischen Botschaft. Der Anlass dazu scheint eher nachrangig: 2017 bestehen die diplomatischen Beziehungen zwischen der BRD und der Volksrepublik 45 Jahre. Nicht gerade jubilös. Zudem soll wohl der chinesische Staatspräsident 2017 nach Berlin kommen. So summieren sich die Anlässe bis zur Feierwürdigkeit.

"Für mich ist das die Krönung meiner Tätigkeit", bekundet Leonardy - auch mit Genugtuung. Schließlich blies ihm hier zuletzt mächtig Gegenwind in die Löwenmähne. Dank der neuen Funktion, gibt sich der Festspielmacher gewiss, "komme ich zu ganz anderen Leuten. Jetzt kann ich mit Herrn Zetsche direkt reden". Es bleibt abzuwarten, ob der Daimler-Big-Boss tatsächlich Geld fürs China-Jahr und am Ende auch fürs Saar-Festival locker macht.

Leonardy aber könnte die neue Funktion tatsächlich in eine andere Liga katapultieren, dorthin, wo er sich selbst schon länger sieht. Und so hofft er auch, an die nötigen Gelder für sein Festival zu kommen, das am 30. April beginnen soll, verspricht er. Und wenn es sehr gut läuft, mit Klavier-Star Lang-Lang und der Oper Shanghai als Festival-Glanzlichter.

Noch allerdings regieren die Versprechungen. Das Auswärtige Amt wie die Chinesische Botschaft hätten nämlich finanzielle Hilfe in Aussicht gestellt, so der Koordinator. Verfügen kann er darüber aber noch nicht. Und mit bloß einem Jahr Vorlauf dürften sich zudem kaum noch viele Akzente für ein China-Jahr setzen lassen. Die Musikfestspiele Saar aber, so sieht es jedenfalls im Moment aus, hat Robert Leonardy einmal mehr gerettet.

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