Leonard Cohen schafft wieder Schönes aus dem Dunkel der Seele

London · Er testete Drogen und Zen-Klöster. Aber nicht deswegen wurde der Kultdichter Leonard Cohen zum Sprachrohr einer ganzen Generation: Er war stets immun gegen Orthodoxie und Zeitgeist – ohne unmodern zu wirken.

 Leonard Cohen dieser Tage in London vor der Presse. Foto: Graf

Leonard Cohen dieser Tage in London vor der Presse. Foto: Graf

Foto: Graf

Knapp 150 Lieder hat Leonard Cohen in fünf Jahrzehnten selbst veröffentlicht, über 2800 Coverversionen sind bekannt. Und es werden immer mehr. Bereits in den 50ern war der Lyriker und Romancier Leonard Cohen ein Kultdichter der jungen Generation. Andächtige Konzertreisen und Poesie zwischen apokalyptischen Vorhersagungen und surrealen Abstraktionen des Alltäglichen gehörten ebenso zu seinem Repertoire, wie das Bedürfnis, immer wieder Lieder über Liebe, Tod und Religion zu schreiben.

Cohen, Sohn einer kanadischen Kaufmannsfamilie polnisch-jüdischer Abstammung, wurde 1934 in Montreal geboren. Animiert durch Judy Collins, begann Cohen 1967 beim Newport Folkfestival erst als 33-Jähriger seine Karriere als Singer/ Songwriter. "The Songs Of L.C." (1968), "Songs From A Room" (1969) und "New Skin For An Old Ceremony" (1974) ließen Cohen in den 70ern zu einem der größten Rock-Poeten der Popgeschichte werden.

Danach durchlebte Cohen Depressionen, die er mit Drogen, Zen-Studien und spirituellen Reisen nach Indien zu meistern versuchte. Mit biblischen Texten auf den Alben ,,Recent Songs" (1979) und "Various Positions" (1984) sowie dem Lyrikband "Book Of Mercy" (1984) verschaffte er sich Erleichterung. Melancholie und Pessimismus wird Cohen oft vorgeworfen. In Wahrheit verkörpert er die Dichtung in ihrer reinsten Form. Die Musik, mit der Cohen diese Poesie verbindet, beschreibt er mit einem Schwarz-Weiß-Film. "Mein Stimmvolumen ist sehr beschränkt", sagt der Rock-Poet mit der immer tieferwirkenderen Stimme, "ich gebe Text und Musik mit meiner Stimme lediglich die nötigen Graustufen."

Inhaltlich sieht sich Cohen damals wie heute als das objektive Auge der Realität, die er abbildet. Leonard Cohen , neben Bob Dylan wohl der größte Songwriter unserer Zeit, beschreibt stets das kosmopolitische Ich- und Umfeld und wurde so zum Sprachrohr einer ganzen Generation.

Die Suche nach der Wahrheit führte ihn nicht erst seit 1994 in ein buddhistisches Zen-Kloster, das er jahrelang zu seinem festen Wohnsitz machte. Als "JIKAN" (der "Stille") zog sich der einstige Frauenheld, dessen große Lieben die Schwedin Suzanne Elrod, die Fotografin Dominique Issermann und die Schauspielerin Rebecca De Mornay waren, konsequent aus der Öffentlichkeit zurück und ließ seine Fanschar über fünf Jahre auf neues Material warten. Doch erst die acht Millionen Dollar, die laut einem Gericht in Los Angeles seine Ex-Managerin veruntreut hatte, ließen Cohen wieder die Öffentlichkeit suchen. Der zaghafte Versuch, wieder die Konzertbühnen dieser Welt zu betreten, wurde zu einer fünfjährigen "Neverending Tournee" im Stile Bob Dylans. Das dabei entstandene Album "Live In London ", das die Dramaturgie eines stets über dreistündigen Cohen-Konzertes wiedergibt, ist seit Erscheinen ein Longseller.

Leonard Cohen ist eine Persönlichkeit, die die Kunst, etwas Schönes aus der Dunkelheit der Seele zu erschaffen, beherrscht. Im tiefsten Schwarz schafft er Schattierungen, die sich wie Farben anfühlen. Am Sonntag wird Leonard Cohen , der Mann, der unter Rocklegenden als der Philosoph des 21. Jahrhunderts gilt, 80 Jahre alt. Da Capo!

Das Album "Popular Problems" erscheint bei Sony . Der sehenswerte Konzertfilm "Leonard Cohen - I'm your man", in dem neben Cohen Nick Cave , U2 und Rufus Wainwright auftreten, ist als Blu-ray bei 3L erschienen.

Zum Thema:

Auf einen Blick Die Premiere seines Tribute-Programms zu Ehren des kanadischen Sänger- und Songschreibers feiert Roland Helm am Samstag. In dem zweistündige Konzert "Hallelujah! - Leonard Cohen zum 80sten" möchte der saarländische Musiker und SR-Radiomann mit Sängerin und Band Hits des Jubilars live präsentieren. Das Tribute-Konzert beginnt um 19.30 Uhr im Saarbrücker Theater im Viertel. Cohens Karriere habe Helm bereits während seiner Studienzeit 1969/70 in Florida begeistert mitverfolgt, 2001 wohnte der Saarbrücker dann in der bekannten New Yorker Künstler-Herberge "Chelsea Hotel". Dort habe auch der Kanadier vor der Veröffentlichung seines ersten Albums gelebt. Mit dem Tribute-Konzert will der SR1-Moderator nach der Premiere am 20. September durch die Region touren. mv

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort