Der Nachlass im Holzkästchen

Saarbrücken · Seit Anfang Juni zeigt das Saarlandmuseum die Schau „Euphorie und Untergang“ anlässlich des Beginns des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren. In deren Rahmen sind Besucher aufgerufen, eigene Erinnerungsstücke beizusteuern, die in einer kleinen Schau präsentiert werden.

 Schulterklappen, Pomade und Taschenmesser – das ist der Familie von Franz Schirra geblieben. Er fiel im Ersten Weltkrieg, irgendwo in Russland. Persönliche Familienstücke wie diese sind in der „Mitmach-Schau“ im Saarlandmuseum ausgestellt. Foto: Oliver Dietze

Schulterklappen, Pomade und Taschenmesser – das ist der Familie von Franz Schirra geblieben. Er fiel im Ersten Weltkrieg, irgendwo in Russland. Persönliche Familienstücke wie diese sind in der „Mitmach-Schau“ im Saarlandmuseum ausgestellt. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Ein gefaltetes Taschentuch, vier Schulterklappen, ein Taschenmesser, Geldbeutel und Gebetsbuch, die geliebte Pfeifenspitze und ein Döschen Pomade für den Zwirbelbart - das ist das Wenige, was der Familie von Franz Schirra blieb. Schirra fiel in Russland an unbekanntem Ort. Seine Enkelin Maria Meyer brachte dieses Familien-Schatzkästchen ins Saarlandmuseum , wo es derzeit im Foyer der Modernen Galerie in einer Vitrine ausgestellt ist. "Mitmach-Museum" nennen die Macher der Ausstellung "Euphorie und Untergang " ihr Projekt, für das sich an bisher zwei Terminen rund 40 "Mitmacher" gemeldet haben. Man kann das Projekt auf der Facebook-Seite des Museums mitverfolgen (facebook.com/saarlandmuseum). Es ergänzt die aus den Beständen des Saarlandmuseums zusammengestellte Ausstellung in der Modernen Galerie, die die Schicksale von 15 bekannten Malern im Ersten Weltkrieg skizziert, darunter Ernst Barlach, Max Beckmann , Otto Dix , Paul Klee , Franz Marc , Max Pechstein und Albert Weisgerber .

Teils sind sehr persönliche, anrührende Erinnerungsstücke an den Krieg von 1914 bis 1918 zusammengekommen. Da ist zum Beispiel der Kupferring, den eine junge Frau nach Familientradition zur Volljährigkeit von ihren Eltern geschenkt bekommen hatte. Die mussten sich das Schmuckstück förmlich vom Munde abgespart haben in der großen Not des so genannten "Steckrübenwinters" 1917. Ein Besucher stellte dem Museum eine Pickelhaube samt Tarnkäppchen für die Schlacht und Transportbox zur Verfügung. Unpraktisch und unfunktional, wie sie war, wich die Haube jedoch schnell dem Stahlhelm.

Feldpost, aber auch Tagebücher, Postkarten, Orden und Fotografien sind in der kleinen Schau zu finden, der es - neben einer besseren Beleuchtung - nicht geschadet hätte, wenn man noch ein wenig mehr über die Einzelschicksale dieser Menschen aus unserer Region hätte erfahren können. Andererseits beugt die Sparsamkeit einer Überfrachtung dieser Begleit-Schau vor, deren Exponate wechseln.

Begleitend zur Ausstellung "Euphorie und Untergang " im Saarlandmuseum empfiehlt sich ein Abstecher in die Saarbrücker Schlosskirche. Dort dokumentiert eine Sonderausstellung des Deutschen Zeitungsmuseums in Wadgassen anhand von Originalzeugnissen - Zeitungen, Extrablätter - die letzten Friedens- und ersten Kriegstage im Sommer 1914. Schützengraben-Zeitungen mit teils blutrünstigen Karikaturen geben einen Einblick in den Frontalltag und den Gemütszustand der Soldaten. In der Schlosskirche erfährt man anhand des Schicksals des Oberwürzbachers Heinrich Gehring, wie Bergleute an der Front eingesetzt wurden: Sie gruben Stollen bis unter die feindlichen Gräben, um diese in die Luft zu sprengen.

 „Sturmtruppe geht unter Gas vor“ von Otto Dix ist in der Schau „Euphorie und Untergang“ zu sehen.Foto: VG Bild-Kunst, Bonn 2014

„Sturmtruppe geht unter Gas vor“ von Otto Dix ist in der Schau „Euphorie und Untergang“ zu sehen.Foto: VG Bild-Kunst, Bonn 2014

Foto: VG Bild-Kunst, Bonn 2014

Zum Thema:

Auf einen Blick27. August und 10. September, je 19 Uhr: Interessierte können Erinnerungsstücke ins Saarlandmuseum bringen. Anmeldung: Tel. (06 81) 9 96 42 34. 17. September, 17.30 Uhr: HBK-Professor Rolf Sachsse bietet Erläuterungen zu privaten Fotoalben aus der Zeit des Ersten Weltkrieges an. Sonntag, 24. August: Geführte Wanderung zu Schlachtfeldern am Donon und unterirdischen Anlagen, 12 Uhr, eigene Anreise. Anmeldung und Info: Tel. (06 81) 9 96 42 29. esb

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