"Eine sehr schöne Chance"

Saarbrücken. 57 Bewerbungen gingen bei der Stadt Saarbrücken ein, elf Vorstellungsgespräche wurden geführt, nun steht der neue Leiter des Saarbrücker Filmhauses fest. Michael Jurich tritt am 1. Februar 2010 die Nachfolge von Albrecht Stuby an, der im Auswahlgremium dabei war, das sich laut Saarbrückens Kulturdezernent Erik Schrader einstimmig entschieden hat

Saarbrücken. 57 Bewerbungen gingen bei der Stadt Saarbrücken ein, elf Vorstellungsgespräche wurden geführt, nun steht der neue Leiter des Saarbrücker Filmhauses fest. Michael Jurich tritt am 1. Februar 2010 die Nachfolge von Albrecht Stuby an, der im Auswahlgremium dabei war, das sich laut Saarbrückens Kulturdezernent Erik Schrader einstimmig entschieden hat. Stuby ("Ich bin mit der Entscheidung sehr zufrieden") wird seinen Pensionsbeginn Ende Januar um zwei Monate verschieben, um den Neuen einzuarbeiten.

Jurich möchte zu seinen Plänen mit dem Filmhaus noch nichts Genaues sagen: "Ich muss ersteinmal die Stadt und das Publikum kennenlernen, bevor ich da mit großen Ideen vorpresche." Doch Arbeit und Vita des Mannheimers (52, Studium der Anglistik/Germanistik) lassen den Schluss zu, dass die Stadt sich für einen hochinteressanten Bewerber entschieden hat: Seit 15 Jahren ist Jurich Geschäftsführer des Mannheimer Kinos Cinema Quadrat, eines kommunalen Kinos auf Vereinsbasis mit städtischen Zuschüssen. Das Kino mit einem Saal und 99 Plätzen bietet unter der Leitung von Jurich ein ambitioniertes, cineastisches Programm (Internet: www.cinema-quadrat.de): Zurzeit zeigt eine Reihe namens "Gegen jede Vernunft" Filme des Surrealismus von Luis Bunuel bis Alexandro Jodorowsky.

Das Programm der kommenden Wochen bietet den neuen Hans-Christian Schmid ("Sturm"), Festivalprämiertes ("Eine Perle Ewigkeit") und als "Klassiker des Monats" die 1940er Komödie "Rendezvous nach Ladenschluss" von Ernst Lubitsch. Anspruchsvolle Filmkunst durchaus, aber kein Cineasten-Dogma mit dem Aroma der Erwachsenenbildung.

"Ich würde nie ein Genre ausgrenzen", sagt Jurich. "Kunst und das so genannte Kino für die Massen darf man nicht trennen, das kann durchaus zusammenpassen. Auf John Ford wurde früher herabgeschaut, weil er 'nur Western' gedreht hat. Alfred Hitchcock hat damals im Grund Blockbuster, Unterhaltungskino gedreht. Und heute werden akademische Arbeiten über ihn geschrieben."

Privat mag Jurich besonders den Stummfilm, fährt regelmäßig zu den betreffenden Festivals nach Bonn und ins italienische Pordenone. Auch schätzt er Avantgarde- und Experimentalfilm, die Melodramen von Douglas Sirk ("Was der Himmel erlaubt") und, Kontrastprogramm, auch die ersten beiden "Terminator"-Filme.

Jurich scheint ein Freund cineastischer Vernetzung zu sein: Neben dem regulären Programm laufen in Kooperation mit der Kunsthalle Mannheim gerade Filme über Goya, Caravaggio und Basquiat; auch die Speyerer Hexen-Ausstellung begleitet das Kino, so wie es das bei einer Samurai-Ausstellung tat. Mit drei psychoanalytischen Vereinigungen in der Region entstand im Eigenverlag eine Schriftenreihe über Psychoanalyse und Film. "Eine Verbindung mit anderen Kulturschaffenden ist immer sinnvoll", findet Jurich. "Wenn es zu einer Ausstellung gute Filme gibt, bietet sich das an - und für uns ist das natürlich eine ausgezeichnete Werbung." Die dennoch nicht immer Früchte trägt: "Eine Reihe über deutsch-türkische Hochzeitsbräuche hat leider weniger gut funktioniert."

In die Verwaltungssphäre musste sich der Kinobegeisterte ersteinmal hineinfinden und eine "Scheu vor den kaufmännischen Dingen" überwinden, als er das Kino 1994 übernahm. Zuvor war er, als Jugendlicher, regelmäßiger Quadrat-Kunde, dann arbeitete er im monatlich tagenden Programmausschuss mit, bis ihm sein Vorgänger die Leitung anbot. "Er sagte, als Germanist hätte ich doch sowieso nichts Besseres zu tun."

Wird Jurich, der einige Jahre im Bundesverband kommunaler Filmarbeit im Vorstand war, sein altes Kino vermissen, wenn er nach Saarbrücken geht, das er vom Ophüls-Festival her kennt? "Sicher - das ist natürlich ein Abschied von einem Stück Heimat. Aber Saarbrücken ist eine Herausforderung: eine andere Stadt, ein anderes Publikum und drei Säle, die zu bespielen sind. Das ist eine sehr schöne Chance".

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