Danke, Tanke!

Saarbrücken · Der Künstler Friedrich Liechtenstein hat sich Tankstellen in ganz Europa angeschaut – die dabei entstandene Arte-Reihe mischt Reisebeschreibung, Kulturgeschichte und lässigen Witz auf schönste Weise.

 Der Lachs kommt gleich: Léa Linster und Liechtenstein in Linsters Restaurant in Frisange, am Ort der früheren Tankstelle der Familie.

Der Lachs kommt gleich: Léa Linster und Liechtenstein in Linsters Restaurant in Frisange, am Ort der früheren Tankstelle der Familie.

Foto: ZDF/Waldmann

"Tankstellen sind die romantischsten Orte der Welt." Das sagt zumindest Friedrich Liechtenstein, Künstler, Entertainer und Besitzer einer wohligen Raun- und Brummstimme: Sie schmeichelte sich sonor in unser aller Ohren, als Liechtenstein 2014 zur graubärtigen Werbefigur der "Supergeil"-Kampagne von Edeka wurde. Nun widmet er sich den Tankstellen dieser Welt - für manche Menschen ganz prosaische Sprit-Buden, für ihn Oasen der Nostalgie, des Grübelns, des gepflegten Philosophierens. Erst mit einem französischen Vélosolex-Mofa der Nachkriegszeit, dann mit einem goldenen alten Mercedes hat er Europa bereist, auf der Suche nach den schönsten Tanken. Das Ergebnis sind zehn halbstündige Episoden, die Arte am Pfingstmontag ausstrahlt - ein Tag, den der Sender gleich zum "Thementag Tankstellenträume" ausruft - so laufen unter anderem auch die Spielfilme "Wenn der Postmann zweimal klingelt" (20.15 Uhr) und "Out of Rosenheim" (22.10 Uhr), die in weitestem Sinne mit Tankstellen zu tun haben.

Schön skurril beginnt die Auftakt-Episode: Liechtenstein bittet uns in seine Wohnung, wo es in Glasröhren grünlich blubbert - das sei sein "Algenlabor", sagt er, die Grundlage von Erdöl und somit seines Themas. Im Schatten des Berliner Fernsehturms lässt er sich die Haare schneiden, plaudert dabei über seine Pläne und macht sich dann auf nach Potsdam, zur frankophon benannten Tankstelle "Garage du Pont". Dort trifft er den Architekturhistoriker Joachim Kleinmanns, der sich in einem Buch der Kulturgeschichte der Tankstellen gewidmet hat. Interessantes hat er zu erzählen von alten Zeiten, als der Tankwart an sich noch ein Ausbildungsberuf war - etwas, was man sich heute nicht mehr vorstellen kann.

Nach Kopenhagen geht es in der zweiten Episode, wo Zweckbau und Avantgarde eine Liebesehe eingehen: eine Tanke in Skovshoved, mit einem runden Dach im Ufo-Design, hat der Star-Designer Arne Jacobsen (1902-1971) entworfen. Es gibt sie also auch, extravagante und manchmal gar schöne Ort mit Diesel und Superbenzin. Andere Stationen dieser eigenwilligen, sehr unterhaltsamen Bildungsreise sind Wien, Paris, Mailand - und Luxemburg (in Episode 5). Dort, in Frisange, trifft er Sterneköchin Léa Linster; Liechtenstein hat Algenblätter im Gepäck, die die Luxemburgerin als Beilage zu Lachs köchelt, während Liechtenstein mit Schürze ein paar Tanzschritte zeigt, untermalt von eigenen Electro-Klängen: Launige Abschweifungen und etwas gepflegte Eitelkeit gehören hier zum charmanten Konzept. Nach dem Essen zeigt Linster alte Familienfotos und erzählt vom Ort ihres Restaurants: Dort war einst die Tankstelle der Familie, ein Dutzend habe es zeitweise im Ort gegeben; doch dann kam die Autobahn und führte die Kundschaft am Ort vorbei - es war der Tod der Tanke. Liechtenstein muss derweil weiter, es warten noch einige Zapfsäulen und Geschichten, die er mit seinem sonoren Organ erzählen kann. Selbst ein Satz wie "Blasenfrei zapfen - das wollen alle" klingt bei ihm wie eine tiefe Weisheit.

 Nutzbau trifft Avantgarde: die von Designer Arne Jacobsen entworfene Tankstelle im dänischen Skovshoved. Fotos: ZDF / Waldmann

Nutzbau trifft Avantgarde: die von Designer Arne Jacobsen entworfene Tankstelle im dänischen Skovshoved. Fotos: ZDF / Waldmann

Am Montag laufen die zehn Episoden am Stück: ab 11.30 Uhr bei Arte . An diesem Samstag ab 0.50 Uhr läuft ein Konzert mit Liechtenstein, Richard Dorfmeister und Mousse T.

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