David McAllister spricht sich gegen weitere EU-Beitritte in den nächsten fünf Jahren aus

Am 25. Mai ist Europawahl. Sie ist wichtiger und spannender als alle vorherigen. Weil die EU und ihre Institutionen wichtiger geworden sind. Das hat die noch nicht überwundene Euro-Krise gezeigt. Auch im Konflikt mit Russland ist der Zusammenhalt der EU von zentraler Bedeutung. Gleichzeitig aber sind viele Wähler skeptisch gegenüber der Brüsseler Bürokratie und wenden sich ab. Unsere Berliner Korrespondenten sprachen mit den Spitzenkandidaten aller Bundestagsparteien über die Lage, ihre Argumente und ihre Wahlziele. Heute: David McAllister (CDU).

Im zweiten Teil der SZ-Serie zur Europawahl sprachen die SZ-Korrespondenten Stefan Vetter und Hagen Strauß mit David McAllister (CDU).

Herr McAllister, wer gibt für die Union im Europawahlkampf den Ton an: Sie, der europäische Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker - oder doch Angela Merkel?

McAllister: Wir machen gemeinsam Wahlkampf. Wir werben mit unserem Programm, unseren Kandidaten - und der erfolgreichen Politik der Bundeskanzlerin.

Aber die Kanzlerin steht nicht zur Wahl.

McAllister: Selbstverständlich ist unsere Kampagne auch auf die erfolgreiche Arbeit Angela Merkels in Deutschland und für Europa zugeschnitten. Dafür steht die CDU.

In wenigen Sätzen: Was für ein Europa wollen Sie?

McAllister: Mir geht es um ein starkes, stabiles, bürgernahes und gerechtes Europa. Dafür will ich arbeiten. Die Europäische Union soll sich um die großen Zukunftsaufgaben kümmern - um eine stabile Währung, um Sicherheit, um Wachstum und Arbeitsplätze. Die Europäische Union sollte dann tätig werden, wenn sie wirksamer handeln kann als die Mitgliedstaaten mit ihren Regionen und Kommunen. Das betrifft beispielsweise die Stärkung des gemeinsamen Wirtschaftsraumes, die Stabilisierung des Euros durch eine europaweite Bankenregulierung, den Datenschutz im Internet, und vor allem die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Die Europäische Union darf sich nicht im bürokratischen Kleinklein verzetteln.

Der Umgang mit der Schuldenkrise hat allerdings die europakritischen Parteien gestärkt. Ist die AfD ein ernstzunehmender Gegner für die Union?

McAllister: Sie ist ein Mitbewerber wie viele andere auch. Auf komplexe europapolitische Fragen gibt es nicht immer einfache Antworten. Die AfD verkürzt die Sachverhalte sehr stark und gibt nur unzureichende Antworten auf wirklich schwierige Fragen.

Griechenland kehrt langsam zurück an die Kapitalmärkte. Halten Sie die Eurokrise für überwunden?

McAllister: Die Krise ist noch lange nicht überwunden, sondern allenfalls unter Kontrolle. Die Krisenländer der EU haben vorbildliche Reformen eingeleitet. Mit Irland und Spanien können zwei Länder die Früchte ihres Reformkurses ernten und die europäischen Hilfsprogramme verlassen. Auch in Portugal, Zypern und Griechenland gibt es erkennbare Verbesserungen. Die Reformanstrengungen beginnen zu wirken, aber wir sind noch nicht über den Berg. Deswegen gilt es jetzt, Kurs zu halten!

Wie wollen Sie mit der Türkei verfahren?

McAllister: Die innenpolitische Entwicklung in der Türkei hat gezeigt, dass sich das Land von den europäischen Standards weg entwickelt. Die CDU kann sich eine Vollmitgliedschaft des Landes in der EU nicht vorstellen, weil sie die Voraussetzung für einen EU-Beitritt nicht erfüllt. Angesichts der Größe der Türkei und seiner Wirtschaftsstruktur wäre zudem die Europäische Union überfordert. Die Festigung und Vertiefung der Zusammenarbeit der 28 Mitgliedsstaaten hat jetzt Priorität. Deshalb kann es in den nächsten fünf Jahren keine weiteren Beitritte zur EU geben.

Was hat die EU gegenüber Russland falsch gemacht?

McAllister: Russland macht viel falsch. Die Ukraine ist ein souveräner Staat. Sie hat einen Anspruch darauf, dass ihre territoriale Souveränität und Integrität respektiert wird. Das macht die russische Führung nicht. Die Ukraine soll selbst entscheiden, wie sie sich positioniert zwischen der EU und Russland. Und Moskau hat alles zu unterlassen, was die Ukraine weiter destabilisiert.

Aber zwei Sanktionsstufen haben Putin noch nicht beeindruckt, warum sollte dies mir der dritten Stufe gelingen?

McAllister: Bei rationaler Betrachtung kann die russische Führung kein Interesse an weiteren Sanktionen haben. Die russische Wirtschaft ist schwach und hängt von Energieexporten ab. Sie ist daher anfällig für Sanktionen. Der Verfall des Rubels, eine erhöhte Kapitalflucht und die Tatsache, dass westliche Firmen ihre Investitionen in erheblichem Umfang zurückstellen, treffen Russland bereits.

Die Energieversorgung mit Gas bleibt jedoch der wunde Punkt Europas.

McAllister: Die Energiewende soll ein europäisches Projekt werden. Damit werden wir unabhängiger von Energieimporten und leisten einen Beitrag für den Klimaschutz. Deutschland kann da Vorreiter sein.

Welche Rolle sehen Sie für sich nach der Europawahl?

McAllister: Ich konzentriere mich jetzt ganz auf die Wahl am 25. Mai. Alles Weitere wird man danach sehen. Ich möchte deutsche Interessen in Brüssel und Straßburg engagiert vertreten und ebenso mit neuen Ideen die Zukunft der Europäischen Union mitgestalten.

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