Geschichte als Erlebnisgewinn

Es gibt sie noch, die Projekte, die ohne viel Aufhebens heranreifen und die schon ihre positive Wirkung entfalten, bevor sie vollendet sind. Ein Beispiel hierfür ist das Vorhaben Mettlach 2.0. Das Bild der 12 000-Einwohner-Gemeinde wird damit in den nächsten Jahren erheblich aufgewertet. Das Traditionsunternehmen Villeroy & Boch will seinen bislang geschlossenen Industriekomplex aufbrechen und zusammen mit Gemeinde und Land die Voraussetzungen für eine neue Erlebniswelt schaffen. Arbeiten, tagen, konferieren, flanieren, erholen und einkaufen - alles wird auf klein stem Raum möglich sein. Das alles eingebettet in eine Natur- und Kulturlandschaft, in der es noch viele Schätze zu entdecken gibt.

Die benachbarte Saarschleife, das touristische Glanzstück des Landes, kennt jeder. Mit dem vor wenigen Wochen eröffneten Baumwipfelpfad ist sie um eine vielbeachtete Attraktion reicher. Auch Mettlach selbst wird heute schon von Ausflüglern, Bussen und Fahrgastschiffen angefahren. Die meisten nutzen den Stopp zum Einkaufen in dem Teil des Ortes, der mit Fabrikverkaufs-Ware rund um den gedeckten Tisch und das schöne Wohnen für sich wirbt. Ein Besuch der Keravision und des V&B-Keramikmuseums ist eher schon etwas für Kulturbeflissene und Freunde vollendeter Glas- und Keramikkunst.

Das könnte sich künftig ändern. Mit Mettlach 2.0 soll der Besucher des Saartals und seiner grünen Hügel intensiver als bisher mit der Kultur- und Industriegeschichte unserer Region vertraut gemacht werden. Das geschieht nicht museal belehrend, sondern durch Erlebnispunkte, die künftige Mettlach-Besucher aufsuchen und sich mit ihnen auseinandersetzen können.

Dass es eine Keramik-Industrie ausgerechnet im Saarland gibt, hat auch mit dem Naturschatz zu tun, der die Saar-Region mehr als 250 Jahre prägte: die Kohle . Die Familienstämme der Villeroys und Bochs siedelten sich mit Verwaltung und Fabriken nur deswegen im Saartal an, weil sie die Holz- durch die Steinkohle ersetzen mussten. Nur so konnten sie die Wälder schonen und in den Brennöfen die nötige Temperatur für ihre Keramik- und Glas-Kreationen erreichen. Viele Glasbläser vor allem aus Lothringen taten es ihnen gleich. Weiter südlich war es die Stahlindustrie, die es ebenfalls nur wegen der Kohle im Saarland gibt.

Keramik , Stahl und Glas prägen auch heute noch das tägliche Leben von jedermann. Dies deutlich zu machen und die industrie-historischen Wurzeln dieser Alltags-Gegenstände auszuleuchten, kann von großem Reiz und Anreiz sein. Mettlach 2.0 und das Weltkulturerbe Völklinger Hütte könnten so zu zwei Seiten einer Medaille werden. Warum nicht? Eine Überlegung wäre es wert.

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