Neue Schlaglöcher auf dem Weg zur Pkw-Maut

Berlin/Saarbrücken · Analyse Die Pkw-Maut – ein Lieblingskind der CSU – schien nach einer Einigung mit Brüssel greifbar. Jetzt weckt ein Gutachten Zweifel, ob sie EU-Recht entspricht.

Dass es einfach ist mit der Pkw-Maut, würde auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt nicht im Traum behaupten. Viel zu vertrackt ist allein schon die Konstruktion, mit der das Prestigeprojekt seiner CSU überhaupt im schwarz-roten Koalitionsvertrag landete. Eine Maut, die alle zahlen, die aber am Ende nur Fahrer aus dem Ausland zusätzlich belastet - ohne diese damit zu benachteiligen. Trotz aller Unkenrufe sicherte sich der Bundesverkehrsminister im Advent grünes Licht der EU-Kommission für ein leicht geändertes Modell. Bedenken, ob die Maut wirklich juristisch wasserdicht ist, blieben aber.

Zentraler Streitpunkt ist wieder und wieder, dass allein inländische Autobesitzer für ihre Maut-Zahlungen entlastet werden sollen - und zwar durch eine niedrigere Kfz-Steuer. Die schon seit 2015 geltenden Maut-Gesetze, die vorerst nicht umgesetzt werden, sehen im Prinzip eine Eins-zu-eins-Kompensation vor: Die Kfz-Steuer geht auf den Cent genau um denselben Betrag runter, der der Maut entspricht.

Die EU-Kommission, die über Gleichbehandlung aller Europäer wacht, ging dagegen zunächst auf die Barrikaden. Im Dezember verständigte sich Dobrindt aber mit Brüssel auf einen Kompromiss: Im Kern sollen Maut und Steuerentlastung durch einen stärkeren Ökofaktor rechtlich weiter auseinandergerückt werden - indem abgasarme Euro-6-Autos bei der Steuer um zusätzliche 100 Millionen Euro jährlich begünstigt werden. Damit seien beide Elemente voneinander entkoppelt worden, bilanzierte EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc zufrieden.

Die Behörde erntete dafür auch Kritik. Eine Eins-zu-eins-Kompensation der Maut habe sie abgelehnt, finde "irrsinnigerweise jedoch nichts dabei, wenn deutsche Fahrer jetzt durch Steuersenkungen sogar überkompensiert werden sollen", staunte EU-Verkehrspolitiker Michael Cramer (Grüne). Tatsächlich hat das geänderte Modell zur Folge, dass Inländer sogar stärker entlastet werden.

Für Dobrindt ist das Euro-Siegel dennoch ein Pfund. "Die Maut kommt", stellte er gestern nüchtern fest. Da hatte gerade eine neue Studie des Wissenschaftlichen Dienstes im Bundestag im Auftrag der Grünen für Wirbel gesorgt - und Maut-Kritikern wie im Saarland Hoffnung gemacht. Fazit: Die Kombination aus Maut und Steuersenkung bewirke auch mit den Änderungen eine "mittelbare Diskriminierung" zu Lasten ausländischer Fahrer. Neue Schlaglöcher also auf dem Weg zur Pkw-Maut. "Es gibt keine diskriminierungsfreie Diskriminierung", resümiert Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer.

Welche politische Dynamik sich daraus noch entfaltet, muss sich zeigen. Österreichs Verkehrsminister Jörg Leichtfried, der sich um eine Nachbarländer-Allianz gegen die deutsche Maut bemüht, sieht sich bestärkt. Für Dobrindts Koalitionspartner SPD gibt Fraktionsvize Sören Bartol aber zu bedenken, dass die Auffassung der Kommission als Hüterin der EU-Verträge schwer wiege. Um mehr Klarheit will sich der Bundestags-Verkehrsausschuss bemühen, wie der Vorsitzende Martin Burkert (SPD) ankündigt: bei einer Expertenanhörung am 20. März.

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"Eintrittsgebühr" von mindestens 2,50 Euro Eine Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen macht vor allem saarländische Politiker nervös, weil sie um die Einnahmen des Saar-Einzelhandels durch Kunden aus Frankreich bangen. Diese müssten, wollten sie in Deutschland die Autobahn nutzen, je nach Schadstoffausstoß ihres Wagens eine Zehn-Tages-Vignette von 2,50 Euro bis 20 Euro kaufen, sofern sie nicht eine Zwei-Monats- oder Jahresvignette besitzen. Saar-Politiker nennen das "Eintrittsgebühr".

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