Rüstungsexport-Minister will Rüstungsexporte verbieten

Berlin · Was haben der Krieg im Jemen, die Missionen in Mali oder der Kampf der kurdischen Pesch-merga gegen den IS im Irak mit Deutschland zu tun? Viel - und das nicht nur auf geopolitischer oder diplomatischer Ebene. Überall kommen Rüstungsgüter "Made in Germany" zum Einsatz. Im Jemen sind es Kampfflugzeuge vom Typ Tornado und Eurofighter . Für Mali erteilte die Bundesregierung 2015 Genehmigungen für die Ausfuhr von Lkw und Minenräumgeräten im Wert von 3,22 Millionen Euro. Und an die Peschmerga gingen unter anderem 3000 Sturmgewehre und 200 Lenkflugkörper .

Nachzulesen ist all das im Rüstungsexportbericht der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE). Zum 20. Mal stellten die beiden großen Kirchen gestern ihre Studie vor - und schlugen erneut Alarm. Das Überraschende: Der für die Genehmigungen zuständige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD ) gab den Kirchen Rückenwind, indem er ein radikales Ausfuhrverbot in alle Staaten außerhalb von EU und Nato vorschlug. Wahlkampf oder mehr? Gabriel machte seinen Vorstoß, der erst jetzt bekannt wurde, letzte Woche vor Studenten in Köln. Man brauche ein Gesetz, wonach Waffenlieferungen außerhalb von EU und Nato "grundsätzlich verboten" seien, sagte er dort. Wenn die Bundesregierung dann trotzdem eine Lieferung in solche Länder genehmigen wolle, "muss sie damit in den Deutschen Bundestag und das öffentlich begründen und dort abstimmen lassen".

Prälat Karl Jüsten, Vertreter der katholischen Kirche in Berlin , lobte den Vorschlag gestern zwar, schränkte aber ein: "Da redet der Parteivorsitzende." Tatsächlich hat Gabriel offenbar nicht vor, die Idee noch vor der Wahl Gesetz werden zu lassen. Man habe einen "Konsultationsprozess" mit den Kirchen und anderen Gruppen eröffnet und sammele Ideen, antwortete ein Ministeriumssprecher auf eine entsprechende Nachfrage. Das Ganze sei "eher langfristig" zu sehen. Mit CDU und CSU wäre ein Totalverbot ohnehin nicht zu machen, wie der zuständige Fachpolitiker Klaus-Peter Willsch auf Nachfrage deutlich machte. Es gebe schon ein sehr dichtes Regelwerk in Deutschland, betonte er. Auch mangele es nicht an öffentlichen Debatten über einzelne Genehmigungen: "Weitere Gesetze sind überflüssig."

Gabriel war mit dem Versprechen angetreten, die Exporte zu verringern und sie transparenter zu gestalten. Tatsächlich werden die Ausfuhrgenehmigungen nun halbjährlich veröffentlicht - früher geschah das erst mit großem zeitlichen Abstand. Auch ging der Wert der Ausfuhren von Kleinwaffen von 47 auf 32 Millionen Euro zurück. Vom Gesamtwert der Verkäufe ins Ausland her aber feierte die Rüstungsindustrie laut dem Kirchen-Bericht im Vorjahr neue Rekorde. Das Exportvolumen betrug 12,82 Milliarden Euro, doppelt so viel wie 2014.

Deutschland liegt damit auf Platz fünf der größten Waffenlieferanten, hinter den USA, Russland, China und Frankreich. Gabriel erklärte das mit Großaufträgen wie Tankflugzeuge für Großbritannien und mit Beschlüssen der Vorgängerregierung. Jedoch gingen 2015 auch Waffen für 4,6 Milliarden Euro an Drittstaaten außerhalb der EU; das entspricht 59 Prozent aller Einzelgenehmigungen. "Da kann von einer Ausnahme nicht die Rede sein", sagte Jüsten. Auf Platz eins liegt hier Katar, das für 1,6 Milliarden Panzer und Munition bekam. Saudi-Arabien, ebenfalls keine Demokratie, erhielt Lieferungen im Wert von 750 Millionen Euro.

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