Bayern bringen ein Denkmal ins Wanken

London · Nach der Tracht Prügel durch den FC Bayern scheinen die Tage von Teammanager Wenger bei Arsenal gezählt. Bayern- Präsident Hoeneß freut sich derweil über sein „gutes Bauchgefühl“.

Arsène Wenger zupfte sich kurz an der Nase und setzte ein süß-säuerliches Lächeln auf. "Ich habe dazu nichts zu sagen, danke vielmals", entgegnete der Teammanager des FC Arsenal nach der erneuten 1:5 (1:0)-Demütigung gegen den FC Bayern auf die Frage, wie es denn nun mit ihm weitergehe, dann brach er das Interview ab. "Tschüss", sagte der große Franzose noch im Gehen. Es war ein Abschied, der etwas Endgültiges hatte.

Die Mannschaft um Weltmeister Mesut Özil am Boden, die Fans auf den Barrikaden, die Presse außer sich: Wengers Tage bei den Gunners scheinen nach über 20 Jahren gezählt, das Denkmal wankt. "Arsenal, ruhe in Frieden", schrieb die Sun am Tag nach der höchsten Niederlage überhaupt im Emirates Stadium. Der Verein sei "tot und beerdigt", der Trainer habe "die letzte Ölung erhalten". Das Fazit: "Wenger muss gehen."

Dieser Meinung sind auch zahlreiche Anhänger. Rund 200 von ihnen hatten sich bereits vor (!) dem Spiel zu einem Protestmarsch in Richtung Stadion aufgemacht. Ihre Botschaft war eindeutig: "Genug ist genug!" Es sei an der Zeit, dass Wenger "au revoir" sage.

Kurioserweise ließ Club-Besitzer Stan Kroenke gerade erst einen neuen Zweijahresvertrag für den Teammanager (seit 30. September 1996 im Amt) ausarbeiten, dessen Kontrakt ausläuft. Im Sommer soll eine Entscheidung fallen. Für Arsenal-Legende Ian Wright steht längst fest, wie diese ausfallen muss. "Wir erleben die schlimmste Zeit in unserer Geschichte. Es fühlt sich an, als käme etwas an sein Ende", sagte er als TV-Experte bei BT Sport, ohne den Namen Wenger in den Mund zu nehmen.

Die Zahlen sind tatsächlich beängstigend: Arsenal ist zum siebten Mal in Folge in der ersten K.o.-Runde der Champions League gescheitert (zum dritten Mal gegen die Bayern), höher verloren die Gunners zu Hause zuletzt im November 1998 (0:5 im Ligacup gegen Chelsea). Das Gesamtergebnis von 2:10 nach Hin- und Rückspiel ist das klarste, das ein englisches Team in der Königsklasse je hinnehmen musste, schlimmer gedemütigt wurde nur Sporting Lissabon 2008/09 (1:12 gegen die Bayern). "Das müssen wir einstecken, ich muss dafür gerade stehen und nehme die Kritik an", sagte Wenger, "aber das ändert nicht meine Meinung." Und zwar die über Schiedsrichter Anastasios Sidiropoulos. Der Grieche habe das Spiel mit der Roten Karte gegen Kapitän Laurent Koscielny (54.) und einer skandalösen Leistung "zerstört".

Auch Bayern-Abwehrspieler Mats Hummels gab zu: "Das Ergebnis entspricht natürlich nicht dem Spielverlauf. Wir waren bis zur Roten Karte pomadig." Und Arjen Robben fügte an: "So eine erste Halbzeit dürfen wir nicht spielen." In der Tat: Erst in Überzahl und dem Elfmeter-Tor von Robert Lewandowski zum 1:1 (55.) wurde der Ausflug nach London noch ein Vergnügungstrip garniert mit Toren Robben (67.), Douglas Costa (78.) und Arturo Vidal (80. und 85.).

Karl-Heinz Rummenigge geriet später am Abend im luxuriösen Hotel The Landmark dann aber doch ins Schwärmen und hatte den ganz großen Wurf im Sinn. "Ich darf erinnern an 2013, als gegen Dortmund der große Coup geglückt ist. Da haben wir hier an diesem Ort auch eine schöne Party gefeiert", sagte Bayerns Vorstandschef in seiner Bankettrede. Damaliger Gegner im Achtelfinale: Arsenal. Das Triple-Jahr unter Jupp Heynckes mit dem Triumph von Wembley wird immer präsenter beim Rekordmeister, genauso wie das Erreichen des diesjährigen Finales in der Königsklasse am 3. Juni im walisischen Cardiff realistisch erscheint. In einem Interview grinste Präsident Uli Hoeneß diebisch und meinte: "Mein Bauch sagt mir, dass wir eine gute Saison haben werden."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort