Anti-Doping-Vorkämpfer zieht sich zurück

Leipzig · Nach mehr als 16 Jahren ist im Herbst Schluss: Clemens Prokop hört als Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes auf.

Die deutsche Leichtathletik verliert ihren langjährigen Präsidenten, der deutsche Sport einen seiner profiliertesten Kritiker. Nach mehr als 16 Jahren an der Spitze des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) wird sich Clemens Prokop im Herbst zurückziehen. Komplett von der sportlichen und sportpolitischen Bühne wird der 59-Jährige allerdings nicht verschwinden. Als Chef-Organisator der Heim-EM in Berlin im kommenden Jahr bleibt der Jurist und Vorreiter im Anti-Doping-Kampf im Amt.

"Ich glaube, dass ich mich auch weiterhin zu Fragen der nationalen und internationalen Sportpolitik äußern werde", sagte Prokop: "Alle die, die gehofft haben, mich los zu sein, haben sich zu früh gefreut." Seit 2001 stand der Jurist an der Spitze des DLV. Nur Max Danz (1949 bis 1970) war länger Präsident. Der ehemalige Weitspringer und Mehrkämpfer Prokop führte den Verband als Nachfolger von Helmut Digel durch eine schwere sportliche Krise. Bei den Olympischen Spielen in Athen 2004 gab es zwei, vier Jahre später in Peking nur eine Medaille. Erst mit der mehr als gelungenen Heim-WM 2009 in Berlin ging es wieder bergauf. Inzwischen ist die Sportart trotz des schwachen Olympia-Ergebnisses von Rio wieder gut aufgestellt mit jungen Gesichtern wie Gesa Krause (Hindernislauf) oder Max Heß (Dreisprung).

"Ich übergebe einen Verband, der sich in der besten wirtschaftlichen Situation seiner Geschichte befindet, der im Leistungssport wieder Anschluss an die Weltspitze gefunden hat und dessen sportpolitisches Profil so geschärft ist, dass der DLV in herausgehobener Weise national und international wahrgenommen wird", sagte Prokop. Denn einen Namen machte er sich auch als Befürworter eines harten Anti-Doping-Kampfes. Als einer der ersten Funktionäre setzte sich Prokop für ein Anti-Doping-Gesetz ein und stritt deswegen mit vielen Entscheidungsträgern im deutschen Sport. Allen voran mit Thomas Bach, dem damaligen Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes.

Im aktuellen Skandal im russischen Sport plädierte Prokop für einen Komplett-Ausschluss aller Sportler, nicht nur der Leichtathleten. Und geriet erneut mit Bach aneinander, der als Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) nach Ansicht Prokops nicht hart genug durchgriff. In einem vielbeachteten Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zeigte er anhand der IOC-Charta juristische Möglichkeiten eines Komplett-Ausschlusses Russlands auf. Es sei von seiner Seite allerdings "nie ein persönlicher Streit mit Thomas Bach" gewesen, betonte Prokop, der durchaus Fortschritte beim Anti-Doping-Kampf sieht. "Es hat sich vieles zum Positiven gewandelt", sagte er: "Es wäre ja vor einigen Jahren undenkbar gewesen, dass eine Nation wie Russland aus der Leichtathletik vorübergehend ausgeschlossen wird." Die Russen werden bei der Hallen-EM in Belgrad und ziemlich sicher auch bei der Freiluft-WM im August in London nur zuschauen können.

Prokop bemängelte erneut das "rekordfixierte Denken" in der Leichtathletik. "Man muss davon ausgehen, dass eine Reihe von Rekorden wohl nicht auf legalem Weg zustande gekommen sind", sagte der Direktor des Amtsgerichts Regensburg. In der Debatte um die neuen Rekordlisten schlug er vor: "Inzwischen muss man darüber nachdenken, angesichts der Dynamik im Anti-Doping-Kampf, Jahrzehntrekorde zu führen."

Auf internationaler Ebene brachte ihm seine öffentlich geäußerte Meinung durchaus Nachteile ein. Bei der Council-Wahl des Weltverbandes IAAF am Rande der WM 2015 in Peking fiel er durch. Eine schwere Niederlage. Prokop kritisierte viel - und wurde viel kritisiert. Auch von Sportlerseite. Sein Nachfolger soll Jürgen Kessing werden, Oberbürgermeister von Bietigheim-Bissingen.

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