Und eine Spitze gegen Deutschland

Zürich · Das Council des Weltverbandes Fifa hat die Aufstockung der Fußball-Weltmeisterschaft beschlossen. Ab der Endrunde 2026 wird mit 48 statt 32 Teilnehmern gespielt. Das Schachern um die Plätze beginnt.

Die Mega-WM kommt: Gegen den Widerstand aus Deutschland hat der Fußball-Weltverband Fifa gestern im Eilverfahren die Aufstockung des WM-Teilnehmerfeldes von 32 auf 48 Mannschaften beschlossen. Ab 2026 wird das neue Format mit 16 Gruppen à drei Mannschaften gespielt.

Nach der Vorrunde kommen zwei der drei Mannschaften weiter und spielen dann im K.o.-System bis zum Finale. Noch nicht entschieden ist, ob es ein Elfmeterschießen nach Unentschieden in der Gruppenphase geben werde, sagte Fifa-Präsident Gianni Infantino: "Es gibt verschiedene Modelle, über die entschieden werden kann." So könne man etwa die Weltrangliste heranziehen, um bei Punkt- und Torgleichheit die endgültige Tabelle zu bestimmen. Klar ist: Das Turnier soll weiterhin 32 Tage dauern und in zwölf Stadien stattfinden.

"Wir müssen die WM ins 21. Jahrhundert, in die Zukunft bringen", sagte Fifa-Präsident Gianni Infantino: "Der Fußball ist global. Es ist eine sehr positive Entwicklung. Das Fußballfieber in einem qualifizierten Land ist die größte Werbung für den Fußball , die es geben kann."

Die entscheidende Council-Sitzung in Zürich , in der "einstimmig" entschieden wurde, hatte um 9 Uhr begonnen, ohne den Deutschen Fußball-Bund (DFB) - der tatenlos zusehen musste. "Ich bin nicht glücklich mit dieser Entscheidung und hätte mir vor allem gewünscht, dass alle wichtigen Fragen zu Organisation und Modus komplett geklärt sind", sagte DFB-Präsident Reinhard Grindel: "Meine große Sorge ist, dass sich der Fußball an sich verändert, dass die Attraktivität des Spiels leidet. Wir alle lieben Spiele, in denen sich die Mannschaften mit offenem Visier begegnen. Nun sehe ich aber die Gefahr, dass wir künftig vermehrt defensiv eingestellte Teams sehen könnten."

Die WM-Aufstockung war nach der Wahl von Gianni Infantino zum Fifa-Präsidenten im vergangenen Februar quasi nicht mehr zu verhindern. Der Schweizer hatte den "Kleinen" unter den 211 Fifa-Nationen im Wahlkampf eine WM mit (mindestens) 40 Teilnehmern versprochen, das musste Infantino so schnell wie möglich einlösen. Und der Widerstand hielt sich in Grenzen. Die lauteste Kritik kam aus Deutschland und der Bundesliga, die Macher hätten gerne am bewährten Format mit 32 Teams festgehalten.

Infantino zeigte keinerlei Verständnis dafür: "Auch wenn wir eine WM mit nur zwei Mannschaften organisieren würden, wäre Deutschland immer noch eine davon. 16 Länder, die bislang keine Chance hatten, sich zu qualifizieren, werden diese nun haben." Die gute Nachricht sei doch, dass dieses Format in exakt der gleichen Anzahl Tagen gespielt werden kann und der Weltmeister wie heute sieben Spiele zu absolvieren hat", sagte Infantino und nahm Bezug auf die Bundesliga: "Auch in Deutschland spielen Profis aus aller Welt - auch für diese Spieler eröffnet sich eine neue Möglichkeit."

Zum größten Politikum wird in den kommenden Monaten die Anzahl von Startplätzen pro Konföderation werden. Alle wollen ein größeres Stück vom Kuchen, die Uefa wird auf mindestens zwei bis drei WM-Startern mehr als bisher (13, 2018 plus Gastgeber Russland) bestehen. "Ich habe schon versucht, darauf aufmerksam zu machen, dass wir uns sehr stark auf die Frage der Teilnehmerplätze konzentrieren müssen", sagte Grindel: "Das ist für die Nationen in der Uefa wichtig. Wenn andere eine Chance haben, ihren Fußball zu entwickeln, in Afrika und Asien, dann muss das auch für die Nationen und Verbände der Uefa gelten." Spätestens beim FIFA-Council am 9. Mai in Bahrain dürfte hier Klarheit herrschen.

Meinung:

Kapitalismus in reinster Form

Von SZ-Redakteur Mark Weishaupt

48 Länder, 80 Spiele bis zum Finale - die Fußball-WM 2026 wirft ihre grausamen Schatten voraus. Selbst die größten Fußball-Freunde kritisieren die von Fifa-Präsident Gianni Infantino eingefädelte Entscheidung, die WM-Endrunde aufzublasen. Denn nichts anderes ist es - das Aufblähen eines funktionierenden Produktes mit hoher Wertschöpfung, um noch mehr Dollars aus der Veranstaltung herauszupressen. Kapitalismus in seiner reinsten Form, die langfristig weder den Ländern nutzt, die 2026 erstmals den Sprung zur WM schaffen, noch den üblichen WM-Titel-Verdächtigen. Das Geld wird unterwegs hängenbleiben - in der ach so transparenten Fifa, bei diversen Landes-Funktionären oder in den Taschen von schon heute prall gefüllten Kicker-Geldbeuteln. Man darf gespannt sein, wann der Ballon platzt.

Zum Thema:

Auf einen Blick Reaktionen zur Aufstockung der WM: Berti Vogts (Ex-Bundestrainer): "Ich bin sehr, sehr erschrocken, ich mag es nicht glauben. Das ist furchtbar. Wenn man die WM zugrunde richten will, muss man diesen Weg weitergehen." Uwe Seeler (Ehrenspielführer der deutschen Nationalmannschaft): "Da habe ich überhaupt kein Verständnis für. Das wird für den Fußball nicht gut sein, das hat man bei der EM gesehen." Carlo Ancelotti (Trainer Bayern München): "Ich bin generell gegen mehr Spiele. Der Terminkalender ist jetzt schon voll." Martin Schmidt (Trainer FSV Mainz 05 ): "Ich denke, dass der Fußball der ganzen Welt gehört und dass jeder die Chance haben muss, bei so einem Turnier dabei zu sein." Rüdiger Fritsch (Präsident von Darmstadt 98 ): "Für die Ausrichtung des Fußballs als Sportart Nummer eins ist das eine Entscheidung, die mehr Länder begünstigt. Wirtschaftlich ist die Entscheidung also sicher begründbar, sportlich ist sie fraglich." sid

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